Sonder-Newsletter XIV - Änderungen nach dem 6. und 9. COVID-Gesetz

Die COVID-19-Krise berührt zahlreiche Lebens- und Rechtsbereiche. Das 6. und 9. COVID-19-Gesetze (BGBl I Nr 28/2020 und BGBl I Nr 31/2020) enthalten Änderungen ua für

  • das Arbeitslosengeld bei Quarantäne wegen COVID-19;
  • die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit für selbstständig Erwerbstätige;
  • die Höhe der Notstandshilfe;
  • Altersteilzeitvereinbarungen;
  • die Anspruchsdauer auf Familienbeihilfe;
  • Klarstellungen und Änderungen für Risikogruppen;
  • Reiseaufwandentschädigungen für Sportler und Sportbetreuer;
  • Leistungsanträge in der Pensionsversicherung wegen mangelnder Begutachtung;
  • Nichtentrichtung bei Selbstversicherung und Dauer der Mitversicherung.

Die wichtigsten Änderungen, die bereits in Kraft sind, haben wir für Sie zusammengefasst.


Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) (6. COVID-19-Gesetz, Art 1)

1. Arbeitslosengeld bei Quarantäne wegen COVID-19

Eine Anspruchsvoraussetzung für Arbeitslosengeld ist ua, dass die arbeitslose Person der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und grundsätzlich eine Beschäftigung aufnehmen kann. Diese Voraussetzungen liegen nun auch weiterhin vor, wenn die betroffene Person aufgrund einer Krankheit oder zur Überwachung (als potenzieller Träger von Krankheitskeimen) in Quarantäne gestellt wurde (vgl § 7 Abs 5 Z 3 AlVG).

Durch diese Regelung soll eine Gleichbehandlung mit Personen sichergestellt werden, die zB für zwei oder drei Wochen krankgemeldet sind.

Weiters ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Unterbringung der arbeitslosen Person in einer Heil- oder Pflegeanstalt nicht, wenn die Unterbringung aufgrund des Epidemiegesetzes 1950 erfolgt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass es bei einer Absonderung der an CVOID-19 erkrankten Person in ein Spital zu keinem Ruhen des Arbeitslosengeldes kommt.

 

2. Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit für selbstständig Erwerbstätige

Selbständig Erwerbstätige (insb EPU), die bei Beendigung (Ruhendmeldung) ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit die Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) erfüllen, haben sich für die Zeit der COVID-19-Krise nach Einstellung der Erwerbstätigkeit arbeitslos gemeldet, um finanziell über die Runden zu kommen.

Diese werden bei Wiederaufnahme ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit nach Ende der COVID-19-Krise in der Pensionsversicherung nach dem GSVG bei Unterbrechungen bis 18 Monate durchversichert.

Konsequenz: Bei einer derartigen nachträglich Durchversicherung käme in Nachhinein ein Ausschlussgrund für den Bezug von Leistungen nach dem AIVG zum Tragen, da keine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung vorliegen darf. Dies würde zu einer gesetzlichen Rückforderung der erhaltenen Leistungen führen.

Neu: Derartige Rückforderungen sollen für die Zeit der Einschränkung der Erwerbstätigkeit wegen der COVID-19-Krise nicht anfallen. Daher schadet für in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätige, die ihre Erwerbstätigkeit eingestellt haben, die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung in den Monaten März bis September 2020 nicht.

 

3. Höhe der Notstandshilfe

Die Höhe der vom 16. März bis 30. September 2020 gebührenden Notstandshilfe wird auf das Ausmaß des Arbeitslosengeldes erhöht. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum wiederum wird auf Basis der Berechnungsgrundlage errechnet, die sonst der Notstandshilfe für diese Monate zugrunde gelegt worden wäre.

Der Berufs- und Entgeltschutz wird auf Mai bis einschließlich September 2020 erstreckt.

Ziel: Damit soll sichergestellt werden, dass vor allem im März arbeitslos gewordene Personen vor einer Reduktion des Arbeitslosengeldes durch das Abrutschen in die Notstandshilfe bewahrt werden. Gleichzeitig werden auch vor COVID-19 vorhandene NotstandshilfebezieherInnen durch die Erhöhung der Leistung von Mai bis September bessergestellt.

 

4. Neuerliche Änderung für die Altersteilzeitvereinbarung

Eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bei Arbeitnehmer in Alterszeit zwischen 15.03.2020 bis 30.09.2020 wegen COVID-19 schadet der vereinbarten Altersteilzeit (Teilpension) nicht, wenn das Dienstverhältnis danach wieder entsprechend der wiederauflebenden Altersteilzeitvereinbarung fortgesetzt wird. Siehe hierzu unseren Sonder-Newsletter III.

Bisher waren Personen nicht erfasst, die während der Krise wiederum ihre volle Normalarbeitszeitverrichten, weil sie in vollem Ausmaß benötigt werden, zB Beschäftigte in den systemrelevanten Bereichen, wie in Spitälern oder im Pflegebereich. Diesen wird nun unter gleichen Bedingungen ebenfalls eine Rückkehr in das jeweilige Altersteilzeitmodell - nach Ende der Krise – ermöglicht.

Für die Blockzeitvariante des Altersteilzeitmodells wird die verpflichtendeErsatzkrafteinstellung für den Zeitraum 15. März bis 30. September ausgesetzt.

Klargestellt wird, dass Abweichungen in diesem Zeitraum zu keiner Änderung des ursprünglich gewählten Modells führen. Entgegenstehende Bestimmungen der §§ 27, 27a und 28 AlVG bleiben außer Betracht, zB kein Ruhen des Altersteilzeitgeldes bei Mehrarbeit (§ 28 AlVG).

 

5. Die Bestimmungen traten rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.

 


(6. COVID-19-Gesetz, Art 2)

 

Durch diese Neuerung sollen - durch die COVID-19-Krise verursachte - Nachteile bei der Gewährung der Familienbeihilfe kompensiert werden, wenn

  • eine Berufsausbildung (zB ein Studium) beeinträchtigt wird und
  • die Berufsausbildung (das Studium) nicht innerhalb der - für den Familienbeihilfenbezug - maßgeblichen Berufsausbildungsdauer (Studiendauer) oder innerhalb der derzeitigen Altersgrenzen absolviert werden kann.

 

1. Verlängerung des Anspruches auf Familienbeihilfe

Mit Vollendung des 24. Lebensjahres endet der Familienbeihilfenbezug, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (zB Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).

Um Nachteile wegen der COVID-19-Krise zu kompensieren, wurde die Dauer der Gewährung der Familienbeihilfe über diese derzeit geltenden Altersgrenzen hinaus verlängert. Damit soll gewährleistet werden, dass auch für jene Zeiten Familienbeihilfe weiter gewährt wird, in denen der Studienbetrieb aufgrund der Covid-19-Krise beeinträchtigt war.

Im Wesentlichen wird der Anspruch auf die Familienbeihilfe im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung um längstens sechs Monate und im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr verlängert.

Diese Änderung trat rückwirkend mit 01.03.2020 in Kraft.

 

2. Familienhärteausgleich

Dem Familienhärteausgleich werden einmalig aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds 30 Mio. Euro bereitgestellt. Mit diesen Mitteln sollen Eltern, die mit Stichtag 28. Februar arbeitslos waren und Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen haben, für ihre Kinder eine finanzielle Unterstützung zur Bewältigung von Mehraufwendungen aufgrund der Pandemiefolgen erhalten können.

Anspruchsberechtigt sind Eltern mit Hauptwohnsitz in Österreich, wenn zumindest für ein Kind im Haushalt Familienbeihilfe bezogen wird. Ausgenommen sind Eltern, die Sozialhilfe oder Mindestsicherung beziehen.

Gewährte Zuwendungen: 50,00 Euro pro Kind/Monat für maximal drei Monate. Die Zuwendung wird einmalig ausbezahlt und ist nicht rückzahlbar.

Zur näheren Bestimmung der Verwendung dieser Mittel werden Richtlinien erlassen.

 


Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG)

(6. COVID-19-Gesetz, Art 3)

 

Im AKG wurde die Möglichkeit eröffnet, dass Kollegialorgane ihre Beschlüsse auch im Umlaufweg fassen. Dies ist nicht nur auf die aktuelle COVID-19-Krise beschränkt, sondern auf Dauer verankert. Die konkrete Gestaltung hat in der Geschäftsordnung zu erfolgen.

 


(9. COVID-19-Gesetz, Art 1)

 

1. Klarstellungen und Änderungen für Risikogruppen

In unserem Sonder-Newsletter VIII haben wir über die Sonderregelungen für Risikogruppen berichtet.

Arbeitnehmer und Lehrlinge, die zu einer Risikogruppe gehören, haben Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, außer

  • der Betroffene kann seine Arbeitsleistung in der Wohnung erbringen (Home-Office) oder
  • die Bedingungen für die Erbringung seiner Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte können durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist. Dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg miteinzubeziehen.

 

Nun werden folgende Klarstellungen und Änderungen vorgenommen:

  • Von dieser Regelung sind nicht nur Dienstnehmer und Lehrlinge erfasst, sondern auchgeringfügig beschäftigte Personen.
  • Das Informationsschreiben, ob eine Person zu einer Risikogruppe gehört, wird vom Dachverband der Sozialversicherungsträger und nicht vom jeweiligen Krankenversicherungsträger ausgesendet.
  • Der behandelnde Arzt kann auchohne ein vorangegangenes Informationsschreibenein ärztliches COVID-19-Risiko-Attest ausstellen.
  • Aus Gründen der Rechtssicherheit wurde zur Definition der allgemeinen Risikogruppe eine Verordnungerlassen (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung). Die Verordnung trat mit 06. Mai 2020 in Kraft. COVID-19-Risiko-Atteste können erstmals mit Wirksamkeit ab diesem Zeitpunkt ausgestellt werden.
  • Die bezahlte Freistellungsmöglichkeit wird bis zum 31. Mai 2020 verlängert.
  • Der Dienstgeber hat Anspruch auf Erstattung des zu leistenden Entgelts, der für diesen Zeitraum abzuführenden Steuern und Abgaben sowie der zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge, Arbeitslosenversicherungsbeiträge und sonstigenBeiträgedurchdenKrankenversicherungsträger, unabhängig davon, von welcher Stelle diese einzuheben bzw. an welche Stelle diese abzuführen sind.

 

Von diesem Erstattungsanspruch sind politische Parteien und sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts ausgeschlossen. Von dieser Ausnahme sind jene nicht erfasst, die wesentliche Teile ihrer Kosten über Leistungsentgelte finanzieren und am Wirtschaftsleben teilnehmen.

  • Die Ausnahme, dass die bezahlte Freistellung für Beschäftigte im Bereich der kritischen Infrastruktur nicht gilt, ist entfallen.
  • Gleiche Änderungen wurden auch im B-KUVG vorgenommen.
  • Zur Sicherstellung eines einheitlichen Schutzes für alle öffentlich Bediensteten des Bundes werden die entsprechenden Bestimmungen über die Dienstfreistellung für Angehörige der COVID-19-Risikogruppe auch im Dienstrecht des Bundes verankert. Die neuen Bestimmungen gelangen damit auch auf Bedienstete zur Anwendung, deren Dienstverhältnis aufgrund von Sonderbestimmungen nicht der Pflichtversicherung nach B-KUVG unterliegt (9. COVID-19-Gesetz, Art 5 und 6).

Diese Regelunge gelten auch für (land- und forstwirtschaftliche) Landeslehrpersonen sowie für RichterInnen, Staatsanwälte/innen und RichteramtsanwärterInnen. Zusätzlich sind ausdrücklich auch alle weiteren Personen erfasst, die sich in einem öffentlich-rechtlichen oder vertraglichen Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zum Bund befinden wie zB Vertragsbedienstete, Lehrlinge oder Rechtspraktikanten/Innen.

 

2. Reiseaufwandentschädigungen für Sportler und Sportbetreuer

Pauschale Reiseaufwandsentschädigungen, welche gemäß § 49 Abs. 3 Z 28 ASVG nicht als Entgelte anzusehen und gemäß § 124b Z 352 EStG steuerfrei sind, können in Zeiträumen, in denen aufgrund der COVID-19-Krise die Sportstätten gesperrt sind, weiterhin an nebenberuflich tätige SportlerInnen, SchiedsrichterInnen und SportbetreuerInnen (zB TrainerInnen, Masseure und Masseurinnen) beitragsfrei bis längstens 31. Dezember 2020 ausgezahlt werden.

 

3. Leistungsanträge in der Pensionsversicherung wegen mangelnder Begutachtung

Derzeit können Leistungsanträge in der Pensionsversicherung wegen mangelnder Begutachtung nur eingeschränkt bearbeitet werden. Nach Ende der COVID-19-Krise wird die Abarbeitung der ausständigen Gutachten entsprechend Zeit in Anspruch nehmen. Dies darf nicht zum Nachteil der Leistungsbezieher führen.

Bei derart verzögerten Anträgen erfolgt daher der Weiterbezug der bisherigen Leistung für die Dauer der COVID-19-Krise bis längstens 31. Mai 2020. Dieser Zeitraum kann bei Fortdauer der Krise durch Verordnung verlängert werden. Dies betrifft

  • befristete Pensionen, Kranken- sowie Rehabilitationsgeld,
  • im GSVG die Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit nach § 104a GSVG oder
  • im Fall einer Zusatzversicherung das Krankengeld nach § 106 GSVG.

Diese Änderung wird auch entsprechend im GSVG, BSVG und B-KUVG vorgenommen.

Die Weitergewährung von nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht mehr zustehendem Krankengeld verursacht Mehraufwendungen der Krankenversicherungsträger, welche der Bund aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds ersetzt.

 

4. Verlängerung der sechswöchigen Schutzfrist in der Krankenversicherung

Es erfolgte eine Verlängerung der sechswöchigen Schutzfrist in der Krankenversicherung (nach ASVG und entsprechenden Parallelbestimmungen in Sondergesetzen zB BSVG), sodass es aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht zu einem Verlust des Anspruches auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit sowie Leistungen der Zahnbehandlung kommt.

Die Schutzfrist läuft für die Dauer der COVID-19-Pandemie bis längstens 31. Mai 2020 weiter. Bei Fortdauer der Krise kann dieser Zeitraum durch Verordnung verlängert werden.

Diese Änderung wird entsprechend auch im GSVG, BSVG und B-KUVG vorgenommen

 

5. Nichtentrichtung von Beiträgen bei Selbstversicherung und Dauer der Mitversicherung

Die Nichtentrichtung von Beiträgen zur Selbstversicherungschadet für die Zeiten der COVID-19-Krise dem Bestand der Selbstversicherung in der Krankenversicherung und der damit verbundenen besonderen (herabgesetzten) Beitragsgrundlage nicht.

Die Möglichkeit der Mitversicherung in der Krankenversicherung als anspruchsberechtigter Angehöriger im ASVG und in den Sondergesetzen sowie die Waisenpension bleibt befristet für die Zeit der COVID-19-Pandemie (längstens bis zum 31.12.2020) bis zum 27. Lebensjahr (+ 6 Monate) hinaus gewahrt.