Sonder-Newsletter III - 2. COVID-19-GESETZ

 

Am Samstag, 21.03.2020 haben Nationalrat und Bundesrat auf Vorschlag der Regierung das 2. COVID-19-Gesetz beschlossen. Dieses wurden noch am 21.03.2020 kundgemacht und veröffentlicht (siehe 2. COVID-19-Gesetz, BGBl I 16/2020).

 

Das 2. COVID-19-Gesetz beinhaltet insbesondere

  • weitere organisatorische und wirtschaftliche Maßnahmen zur Eindämmung und Abfederung der negativen Folgen der Pandemie für das soziale und wirtschaftliche Leben (zB der Einsatz von Zivildienern, das Härtefondgesetz für EPU, freie Dienstnehmer, NPO und Kleinstunternehmer)
  • gesellschaftsrechtliche Maßnahmen für Gesellschafterversammlungen
  • weitere Klärungen zu arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Themen (zB iZm Kurzarbeit und Sozialversicherungsbeiträgen, Erweiterung der Sonderbetreuungszeiten, Hemmung von Fristen)
  • eine Klarstellung zur Insolvenzordnung, nämlich dass für Insolvenzanträge bei Epidemien und Pandemien eine 120-Tage-Frist gilt
  • die Unterbrechung von Fristen in Zivil-, Straf- und Verwaltungsverfahren, die Reduktion des Gerichtsbetriebs und die Einstellung/Einschränkung der Tätigkeit von Zivil- und Verwaltungsgerichten sowie Verwaltungsbehörden

 

Mit dem 2. COVID-19-Gesetz wurden insgesamt 44 Gesetze geändert, und zwar

  • Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003): Einführung eines öffentlichen Warnsystems
  • KMU-Förderungsgesetz
  • Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG)
  • Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (AMPFG)
  • Arbeitsmarktservicegesetz
  • Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG)
  • Gleichbehandlungsgesetz (GlBG)
  • Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG)
  • Bundesgesetz über die Festlegung von Fristen für Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Einrichtungen zur Durchführung von Fachhochschul-Studiengängen, Fachhochschulen und Privatuniversitäten für das Studienjahr 2020/21
  • Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
  • Gebührengesetz
  • Tabaksteuergesetz
  • Bundesabgabenordung (BAO)
  • Zivildienstgesetz 1986 (ZDG)
  • Härtefallfondsgesetz
  • Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes
  • Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985
  • Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
  • Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz
  • Bundesgesetz betreffen Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz
  • Finanzstrafgesetz
  • COVID-19-Maßnahmengesetz
  • Zustellgesetz
  • Künstler-Sozialversicherungsgesetz: zusätzliche Beihilfen bis zu EUR 5 Mio
  • Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979: Anordnung von Urlaubsverbrauch aus vorangegangenen Kalenderjahren im Umfang von maximal 2 Wochen
  • Vertragsbedienstetengesetz: Anordnung von Urlaubsverbrauch aus vorangegangenen Kalenderjahren im Umfang von maximal 2 Wochen
  • Heeresdisziplinargesetz 2014
  • Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz
  • Epidemiegesetz 1950
  • Ärztegesetz 1998
  • Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
  • MTD-Gesetz
  • Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten
  • Medizinproduktgesetz
  • Apothekengesetz
  • Gesundheitstelematikgesetz 2012
  • Suchtmittelgesetz
  • Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)
  • Pflegefondsgesetz

 

Die Änderungen traten mit 22.03.2020 in Kraft und sind in der Regel zeitlich befristet. Eine Reihe der Änderungen darf/muss durch Verordnungen der zuständigen Minister ergänzt oder verlängert werden. Diese Verordnungen sind daher ebenfalls zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Newsletters waren die Verordnungen Großteils noch nicht erlassen. Diese werden wir jedoch im Auge behalten und Sie weiterhin informieren.                                                                          

Nachstehend versuchen wir, die wesentlichen Aspekte dieser Gesetzesänderungen auf Basis der aktuell vorliegenden Informationen kurz darzustellen. Zu den medizin- und ärzterechtlichen Themen (Ärztegesetz, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz etc) wird es einen gesonderten Newsletter geben.


1. Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) (Art 1)

Es wird ein öffentliches Warnsystem eingeführt (§ 98a TKG 2003):

  • Die Bundesregierung (oder ein in Notfällen oder Katastrophenfällen von ihr ernanntes Organ) kann Telekommunikationsbetreiber verpflichten, öffentliche Warnungen vor drohenden oder sich ausbreitenden größeren Notfällen und Katastrophen an ihre Kunden auszuschicken.
  • Ein solcher Auftrag kann auch nur eine Auswahl bestimmter Personengruppen umfassen. Er muss die Rechtsgrundlage der Warnung beinhalten und ist formlos. Wenn der Betreiber dem Auftrag nicht Folge leistet, ist von der sachlich zuständigen obersten Behörde ein entsprechender Bescheid auszustellen.
  • Werden die Warnungen nicht auftragsgemäß übermittelt, drohen dem Betreiber Verwaltungsstrafen von bis zu € 37.000,00.
  • Der Empfang dieser Warnungen muss für die Kunden kostenlos sein und sie auch im Ausland erreichen. Der Betreiber darf zur Durchführung des Auftrages die Stamm- und Standortdaten seiner Kunden verarbeiten!

 

Diese Regelung tritt mit 31.12.2020 außer Kraft.



2. Zivildienstgesetz (ZDG) (Art 14)

Bereits bisher war es gemäß § 21 ZDG möglich, dass die Zivildienstserviceagentur Zivildienstpflichtige bei Elementarereignissen, Unglücksfällen und außerordentlichen Notständen im personell und zeitlich notwendigen Ausmaß zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes verpflichtet. Dies wird nun ausgeweitet:

  • Als Einrichtungen, in denen Zivildienst geleistet werden kann, kommen nun auch juristische Personen, die auf Gewinn gerichtet sind, in Betracht. Voraussetzung ist, dass sie ihren Sitz im Inland haben.
  • Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus kann durch Verordnung für die Dauer des außerordentlichen Zivildienstes zur Sicherung der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur weitere Dienstleistungsgebiete bestimmen, in denen Zivildienstleistende eingesetzt werden.
  • Rechtsmittel gegen Anweisungen und Bescheide der Zivildienstserviceagentur kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

 

Diese Regelungen treten mit 31.12.2020 außer Kraft.


3. COVID-19-Maßnahmegesetz (C19-MG) (Art 26)

Gemäß § 2 C19-MG war bislang das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit und Sportbetrieben mit Ausnahmen verboten (siehe dazu im Detail unseren Sonder-Newsletter II "1. CORVID-19-Gesetz", Pkt 2.1.1.).

Dieses Verbot wird nun auf alle Arbeitsorte (dh alle Arbeitsstätten in Gebäuden und im Freien) ausgeweitet. Die Ausnahmen (siehe Sonder-Newsletter II "1. CORVID-19-Gesetz", Pkt 2.1.1.) bleiben aufrecht.

 

Aufgrund einer aktuellen Verordnung des Gesundheitsministers (BGBl II 110/2020, abrufbar unter Sozialministerium - Rechtliches) wird die Ausnahme für Postdiensteanbieter und deren Postpartner erweitert. Danach sind vom Betretungsverbot ausgenommen:

  • „Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, soweit diese Postpartner unter die Ausnahmen des § 2 fallen sowie Postgeschäftsstellen iSd § 3 Z 7 PMG, welche von einer Gemeinde betrieben werden oder in Gemeinden liegen, in denen die Versorgung durch keine andere unter § 2 fallende Postgeschäftsstelle erfolgen kann, jedoch ausschließlich für die Erbringung von Postdienstleistungen und die unter § 2 erlaubten Tätigkeiten, und Telekommunikation.“

 

Auch zum Homeoffice hat der Gesundheitsminister eine klarstellende Verordnung erlassen (BGBl II 108/2020, abrufbar unter Sozialministerium - Rechtliches). Danach besteht keine Verpflichtung zum Homeoffice. Eine berufliche Tätigkeit soll vorzugsweise außerhalb der Arbeitsstätte, dh im Homeoffice, erfolgen, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden.

 

Diese Verordnungen sind vorerst mit 13.04.2020 befristet.

 

Gemäß § 4 C19-MG soll bei Betriebsschließungen aufgrund einer Verordnung, die auf Grundlage des C19-MG angeordnet wurden, das Epidemiegesetz NICHT zur Anwendung kommen. Stattdessen wird das COVID-19-FondsG angewandt (siehe dazu Sonder-Newsletter II "1. CORVID-19-Gesetz", Pkt 2.2.).


4. Epidemiegesetz (Art 33)

Durch den neuen § 28c Epidemiegesetz haben Einrichtungen, die labordiagnostische Untersuchungen im Rahmen einer Pandemie durchführen, dies dem Gesundheitsminister zu melden.

Nationale IGV (= Internationalen Gesundheitsvorschriften)-Anlaufstelle der WHO ist das Gesundheitsministerium. Die Entscheidung über den Informationsfluss an die WHO obliegt dem Gesundheitsminister (§ 28b Epidemiegesetz).


Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz (Art 32)

General-, Haupt- und/oder Gesellschafterversammlungen sind Präsenzsitzungen, bei denen die Teilnehmer gleichzeitig am selben Ort körperlich anwesend sind. Da dies derzeit nicht möglich und nicht gewünscht ist, soll Abhilfe geschaffen werden. Durch den Einsatz technischer Kommunikationsmittel – etwa eine qualifizierte Videokonferenz – ist eine vergleichbare Willensbildung – auch ohne Durchführung einer Präsenzversammlung – möglich. Dem will der Gesetzgeber Rechnung tragen.

Versammlungen (zB General- und Hauptversammlungen) von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft (zB AG, GmbH), einer Personengesellschaft (zB OG, KG), einer Genossenschaft, einer Privatstiftung oder eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit oder eines kleinen Versicherungsvereins können auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden.

 

Die Justizministerin wird ermächtigt, durch Verordnung nähere Regelungen zur Durchführung dieser Versammlungen zu treffen, die eine vergleichbare Qualität der Willensbildung gewährleisten. Darüber werden wir berichten.

 

Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft muss nicht – wie bisher - in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs (§ 104 AktG), sondern innerhalb der ersten zwölf Monate des Geschäftsjahrs der betroffenen Gesellschaft stattfinden.

 

Dieses Gesetz tritt mit 31.12.2020 außer Kraft.



1. Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) – Altersteilzeit (Art 3)

Befinden sich Arbeitnehmer in Altersteilzeit und wird das Dienstverhältnis zwischen 15.03.2020 bis 30.09.2020 aufgrund von Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronaviruses unterbrochen, so schadet diese Unterbrechung der vereinbarten Altersteilzeit (Teilpension) nicht, wenn das Dienstverhältnis danach entsprechend der wiederauflebenden Altersteilzeitvereinbarung wieder fortgesetzt wird.

 

Das Höchstausmaß der Altersteilzeit erhöht sich dadurch nicht. Insbesondere ist – wie es sonst erforderlich wäre – keine über mindestens drei Monate dauernde Vollzeitbeschäftigung erforderlich. Die Leistungen des Altersteilzeitgeldes werden für den Zeitraum der Unterbrechung des Dienstverhältnisses eingestellt und leben nachher - sofern die Voraussetzungen (Stundenausmaß) die gleichen sind - im gleichen Ausmaß auf.

 

Die Regelung tritt rückwirkend mit 15.03.2020 in Kraft.


2. Arbeitsmarktservicegesetz – Sozialversicherungsbeiträge (Art 5)

Es wird klargestellt, dass bei dem neuen Corona-Kurzarbeitsmodell die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung, die im Rahmen der Kurzarbeit auf Basis der ungekürzten Arbeitszeit zu leisten sind, durch die Beihilfe bereits von Beginn an abzudecken sind.

 

Die Regelung trat rückwirkend mit 01.03.2020 in Kraft und mit 31.12.2020 außer Kraft.


3. Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) – Wahlen, Hemmung von Anfechtungsfristen (Art 6)

3.1. Wahlen zu Organen der betrieblichen Interessenvertretung

Die geordnete Durchführung von Betriebsratswahlen und Wahlen zu anderen Organen der betrieblichen Interessenvertretung – so auch der Behindertenvertrauenspersonen – ist derzeit nicht möglich. Es wird daher die Tätigkeitsdauer der derzeitigen Organe, die im Zeitraum von 16.03.2020 bis 30.04.2020 endet, verlängert. Die Verlängerung gilt bis zur Konstituierung eines entsprechenden Organs der betrieblichen Interessenvertretung, das nach dem 30.04.2020 unter Einhaltung der dafür vorgesehenen Fristen gewählt worden ist.

Dauert die Krisensituation über den 30.04.2020 hinaus an, so hat die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend durch Verordnung den festgesetzten Endtermin 30. April 2020 zu verlängern, nicht jedoch über den 31. Dezember 2020 hinaus.

 

3.2. Verlängerung der Fristen für Anfechtung von Kündigungen und Entlassungen

Der Fortlauf einer am 16.03.2020 laufenden oder nach diesem Tag zu laufen beginnenden Anfechtungsfrist von Kündigungen (idR 2 Wochen) nach §§ 105 Abs 4 oder 107 ArbVG wird bis 30.04.2020 gehemmt.

Dauert die Krisensituation über den 30.04.2020 hinaus an, so hat die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend durch Verordnung den festgesetzten Endtermin 30. April 2020 zu verlängern, nicht jedoch über den 31. Dezember 2020 hinaus.

 

3.3. Verbrauch von Urlaub und Zeitguthaben in „Corona-Kurzarbeit-Betriebsvereinbarung“

In Betrieben mit Betriebsrat ist für die Corona-Kurzarbeit eine Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs. 1 Z 13 ArbVG notwendig. Dieser Betriebsvereinbarungen können künftig auch RegelungenzumVerbrauch des Alturlaubs und von Zeitguthaben treffen. Ausgenommen ist ein Urlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr.

 

3.4.Diese Regelungen gelten sinngemäß auch für Arbeitnehmer, die den Landarbeitsordnungen der Bundesländer und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz sowie dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz unterliegen.


4. Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) – Hemmung von Fristen (Art 7)

Der Fortlauf einer am 16.03.2020 laufenden oder an diesem Tag zu laufen beginnenden 14-tägigen Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen nach

  • § 15 Abs 1a oder 2 GlBG (Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt)
  • § 9 Abs 1a GlBG (Gleichbehandlung in der Arbeitswelt ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung)

wird bis 30.04.2020 gehemmt.

Dies gilt sinngemäß auch für Arbeitnehmer, die den Landarbeitsordnungen der Bundesländer und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz sowie dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz unterliegen

 

Dauert die Krisensituation über den 30.04.2020 hinaus an, so hat die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend durch Verordnung den festgesetzten Endtermin 30.04.2020 zu verlängern, nicht jedoch über den 31.12.2020 hinaus.


5. Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) – Sonderbetreuungszeit, Hemmung von Fristen (Art 8)

5.1. Sonderbetreuungszeit bei Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderungen

In unserem Sonder-Newsletter II - "1. CORVID-19-Gesetz", Punkt 3, haben wir von der Möglichkeit einer Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu drei Wochen berichtet. Arbeitgeber haben Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit an die Arbeitnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund.

Eine Sonderbetreuungszeit ist nun auch möglich, wenn eine Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderungen besteht, die in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderungen betreut oder unterrichtet werden, und diese Einrichtung oder Lehranstalt auf Grund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen wird.

 

5.2. Hemmung der Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis

Da davon auszugehen, dass in der aktuellen Krise die Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis versäumt werden könnten, wurde eine Fristenhemmung festgelegt:

  • Der Fortlauf von laufenden gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs- und Verfallfristen betreffend Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die am 16.03.2020 läuft oder nach diesem Tag zu laufen beginnt, wird bis 30.04.2020 gehemmt.
  • Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die den Landarbeitsordnungen der Bundesländer und in Vorarlberg dem Land- und Forstarbeitsgesetz sowie dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz unterliegen. 
  • Dauert die Krisensituation über den 30.04.2020 hinaus an, so hat die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend durch Verordnung den festgesetzten Endtermin 30.04.2020 zu verlängern, nicht jedoch überden31.12.2020 hinaus.

6. Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) – Verbrauch von Urlaub (Art 10)

Kann ein Arbeitnehmer – dh Arbeiter und Angestellte[1]– aufgrund des Verbots oder Einschränkungen des Betretens von Betrieben nach dem COVID-19-Maßnahmengesetzes seine Arbeitsleistung nicht erbringen, so gebührt ihm sein Entgelt (§ 1155 ABGB).

Nun wird neu eingefügt, dass auf Verlangen des Arbeitgebers in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen sind. Für den Verbrauch gelten folgende Grundsätze:

  • Urlaubsansprüche aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen nur im Ausmaß von bis zu 2 Wochen verbraucht werden.
  • Von der Verbrauchspflicht sind Zeitguthaben ausgenommen, die auf der durch kollektive Rechtsquellen geregelten Umwandlung von Geldansprüchen beruhen (Freizeitoption).
  • Insgesamt müssen nicht mehr als 8 Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden.

 

Die Regelung tritt rückwirkend mit 15.03.2020 in Kraft und mit 31.12.2020 außer Kraft.


[1] Anmerkung

§ 1155 ABGB ist auch auf Arbeitsverträge anwendbar, die von einem Spezialgesetz erfasst sind, insb auch auf Angestellte, da etwa das Angestelltengesetz keine entsprechende Regelung enthält. Bei gewerblicher AN-Überlassung geht § 10 Abs 2 AÜG vor. Für freie Dienstverträge gilt § 1155 analog (vgl Rebhahn in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 1155 ABGB Rz 8 (Stand 1.1.2018, rdb.at).


7. Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) – Entfall von Zuschlägen (Art 20)

7.1. Zuschläge bei Kurzarbeit während Zeiträume mit 0 % Arbeitszeit

Auf Grund der aktuellen COVID-19-Krise sollen Arbeitgeber in der Baubranche entlastet werden.

Für Zeiträume mit einer Wochenarbeitszeit von null Stunden im Rahmen der COVID-19-Kurzarbeit sind von 01.04.2020 bis 30.06.2020 keine Zuschläge für den Sachbereich der Urlaubsregelung zu entrichten.

 

7.2. Andere Zuschläge:

Zuschläge für

  • Sachbereich Abfertigung
  • Überbrückungsgeld
  • Winterfeiertagsregelung

im Zeitraum von 16.03.2020 bis 15.05.2020 entfallen – unabhängig von einer COVID19-Kurzarbeit – zur Gänze.


8. Allgemeine Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) – Stundung von Beiträgen (Art 43)

Für die

  • mit Betretungsverbot belegten Unternehmungen (Verordnung BGBl. II Nr. 96/2020 idgF, siehe Sozialministerium - Rechtliches) und
  • für die von Betriebsbeschränkungen oder Schließungen betroffenen Unternehmen (§ 20 Epidemiegesetzes iVm Verordnung BGBl. II Nr. 74/2020 idgF; siehe Sozialministerium - Rechtliches)

sind die Beiträge für die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 verzugszinsenfrei zu stunden.

 

Für Unternehmen, die hiervon nicht erfasst sind, können die Beiträge für die Beitragszeiträume Februar, März und April 2020 auf Antrag verzugszinsenfrei gestundet werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass diese Beiträge wegen der Coronavirus-Pandemie aus Gründen der Unternehmensliquidität nicht entrichtet werden können.

Gleiches gilt auch für den von den Dienstgebern zu entrichtenden Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG) oder nach den Landarbeitsordnungen, in Vorarlberg nach dem Land- und Forstarbeitsgesetz.

 

Für die Kalendermonate März, April und Mai 2020 werden fällige Beiträge

  • nicht eingetrieben und
  • auch keine Insolvenzanträge im Fall ihrer Nichtentrichtung gestellt.
  • Zusätzlich werden in den Monaten März bis Mai 2020 auch keine Säumniszuschläge bei Verstößen gegen die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung.

 

Der Gesundheitsminister kann bei Fortdauer der Coronavirus-Pandemie die Zeiträume durch Verordnung um bis zu drei Kalendermonate (Beitragszeiträume) verlängern.


Frist für Insolvenzeröffnungsantrag (Art 22)

Gemäß § 69 Abs 2 IO muss bei Zahlungsunfähigkeit und bei insolvenzrechtlicher Überschuldung von Kapitalgesellschaften, ohne schuldhaftes Zögern, jedenfalls aber innerhalb von 60 Tagen ein Insolvenzantrag gestellt werden. Nach der bisherigen Rechtslage konnte sich diese Frist bei einer Naturkatastrophe (zB Hochwasser, Lawine, Erdbeben, etc) auf 120 Tage verlängern.

Erfreulicherweise wird nun in § 69 Abs 2a IO klargesellt, dass sich diese Frist auch im Fall einer Epidemie und Pandemie auf 120 Tage verlängert.
 

ACHTUNG: Durch die vorliegende Coronavirus-Pandemie allein wird die Frist nicht auf 120 Tage verlängert. Voraussetzung ist, dass die Pandemie zumindest mitursächlich für die Insolvenz ist.Wäre die Insolvenz auch ohne Pandemie eingetreten, bleibt es bei der 60-tägigen Frist!


Ein großer Teil des 2. CORVID-19-Gesetzes regelt die Unterbrechung von Fristen in Zivil-, Straf- und Verwaltungsverfahren, die Reduktion des Gerichtsbetriebs und die Einstellung/Einschränkung der Tätigkeit von Zivil- und Verwaltungsgerichten sowie Verwaltungsbehörden. Dies wird nachstehend überblicksmäßig dargestellt:


1. Neues Gesetz für die Festlegung von Fristen für Aufnahmeverfahren an Unis, Fachhochschulen, Privatunis und Pädagogischen Hochschulen für das Studienjahr 2020/21 (Art 9)

Der Bildungsminister kann für Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren an Unis, FHs, Privatunis und Pädagogische Hochschulen für das Studienjahr 2020/21 durch Verordnung einheitliche Termine und Fristen festlegen. Dies soll Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren betreffen, die noch nicht abgeschlossen sind oder noch nicht stattfanden. Dieses Gesetz tritt mit 31.12.2021 außer Kraft.


2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz (Art 21)

 

Dieses Bundesgesetz tritt mit 22.03.2020 in Kraft und mit 31.12.2020 außer Kraft.

 

2.1. Zivilrechtliche Verfahren

 

2.1.1. Unterbrechung von Fristen

Es werden nun in zivilrechtlichen Verfahren, Grundbuchs-, Firmenbuch-, Exekutions-, Insolvenz- und Außerstreitverfahren die verfahrensrechtlichen (gesetzliche und richterlich festgelegte) Fristen bis zum 30.04.2020 unterbrochen,

  • deren fristauslösendes Ereignis ab dem 22.03.2020 fällt, oder
  • die mit 22.03.2020 noch nicht abgelaufen sind.

Sie beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen.

 

Dies gilt nicht für Verfahren,

  • in denen das Gericht über die Rechtmäßigkeit eines aufrechten Freiheitsentzuges nach dem Unterbringungsgesetz, Heimaufenthaltsgesetz, Tuberkulosegesetz oder nach dem Epidemiegesetz entscheidet, sowie
  • für Leistungsfristen.

 

In äußerst dringenden Fällen kann das Gericht aussprechen, dass die Frist nichtunterbrochen wird, und eine neue angemessene Frist festlegen. Äußerst dringend sind nur solche Fälle, bei denen

  • eine Gefahr für Leib und Leben oder Sicherheit und Freiheit droht oder
  • bei denen die Fortsetzung des Verfahrens zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei dringend geboten ist und
  • NICHT das Interesse der Allgemeinheit an der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 sowie der Schutz der Aufrechterhaltung eines geordneten Gerichtsbetriebes die Einzelinteressen überwiegen.

 

2.1.2. Längere Fristen für Klagen, Anträge oder Erklärungen

Fristen für Klagen, AnträgeoderErklärungen (zB Besitzstörungsklage, Anrufung des Gerichts gegen einen Bescheid eines Sozialversicherungsträger, Anrufung der Schlichtungsstelle gemäß § 40 MRG) verlängern sich um die Zeit ab 22.03.2020 bis zum 30.04.2020. Diese Zeitspanne wird nicht in die Frist eingerechnet.

 

2.1.3. Aussetzung von Anhörungen, mündliche Verhandlungen, Vollzüge und Zustellungen

Anhörungen, mündliche Verhandlungen, Protokollierungen und Vollzüge sind nur durchzuführen, wenn

  • eine Gefahr für Leib und Leben oder Sicherheit und Freiheit droht oder
  • dies zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei dringend geboten ist und
  • NICHT das Interesse der Allgemeinheit an der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 sowie der Schutz der Aufrechterhaltung eines geordneten Gerichtsbetriebes die Einzelinteressen überwiegen.

 

Ist eine Anhörung oder mündliche Verhandlung unbedingt erforderlich, kann sie auch ohne persönliche Anwesenheit aller Beteiligen durch geeignete technische Kommunikationsmittel erfolgen.

Es sind nur solche gerichtlichen Erledigungen abzufertigen, deren Zustellung zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei dringend geboten sind. Zustellungen, die unter Verwendung des elektronischen Rechtsverkehrs erfolgen, sind weiterhin vorzunehmen.

 

2.1.4. Einstellung der Tätigkeit des Gerichtes

Kann aufgrund von COVID-19 ein Gericht nicht mehr tätig sein, macht dies die Justizministerin auf der Website des Bundesministeriums für Justiz www.justiz.gv.at bekannt. Das übergeordnete OLG oder der OGH hat auf Antrag einer Partei ein anderes Gericht zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen; dies wenn während der Unterbrechung Verfahrenshandlungen vorzunehmen sind, die zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei dringend geboten sind.

 

2.1.5. Mahnung nach Insolvenzordnung bei Vorliegen eines Sanierungsplans

Der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen, die ein Sanierungsplan dem Schuldner gewährt, werden für diejenigen Gläubiger hinfällig, gegenüber denen der Schuldner in Verzug gerät. Ein solcher Verzug ist anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz schriftlicher Mahnung mit einer mindestens 14-tägigen Nachfrist nicht gezahlt hat (§ 156a IO).

Eine schriftliche Mahnung nach einer nach dem 22.03.2020 fällig gewordenen Verbindlichkeit, die vom 22.03.2020 bis zum Ablauf des 30.04.2020 abgesendet wird, führt nicht zum Verzug.

 

2.1.6. Zusammenschlussanmeldungen nach dem Kartellgesetz 2005

Für vor dem 30.04.2020 bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) einlangende Zusammenschlussanmeldungen läuft die Frist für den Prüfungsantrag ab dem 01.05.2020.

Für Prüfungsanträge, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes beim Kartellgericht anhängig sind oder bis zum Ablauf des 30.04.2020 anhängig werden, läuft die Entscheidungsfrist ab dem 01.05.2020.

 

2.1.7. Unterhaltsvorschüsse

Ab Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 30.04.2020 sind Unterhaltsvorschüsse auch dann zu gewähren, wenn das Kind keinen Exekutionsantrag bei Gericht einbringt. Solche Vorschüsse sind max. für ein halbes Jahr zu gewähren.

 

2.1.8. Verordnung der Justizministerin möglich

Die Justizministerin wird ermächtigt, durch eine Verordnung diese Regelungen zu ändern oder zu ergänzen (zB Fristen verlängern oder verkürzen, für Eingaben bei Gericht besondere Formen oder Örtlichkeiten der Einbringung vorsehen), soweit dies der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 dient. Dabei sind die Interessen an der Fortsetzung der Verfahren, insbesondere der Schutz vor Gefahren für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit der Parteien oder die Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens von diesen, mit den Interessen der Allgemeinheit an der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 und am Schutz der Aufrechterhaltung eines geordneten Verwaltungsbetriebes gegeneinander abzuwägen.

 

2.2. Besondere Vorkehrungen in Strafsachen

 

In Strafsachen kann die Justizministerin für die Dauer der COVID-19-Maßnahmen durch Verordnungen anordnen, dass

  • die Untersuchungshaft auch in einer anderen als in § 183 StPO vorgesehenen Justizanstalt vollzogen werden kann;
  • ein wichtiger Grund zur Übertragung der Zuständigkeit an eine andere Staatsanwaltschaft oder an ein anderes Gericht vorliegt;
  • RSb- und RSa-Ladungen und die Zustellung anderer Schriftstücke ausschließlich in Haftsachen erfolgt;
  • Folgende Fristen unterbrochen werden:
    • Frist für die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens,
    • Frist von zwei Monaten für die Neudurchführung einer unterbrochenen Hauptverhandlung,
    • Frist für die Neuanmeldung und Ausführung von Rechtsmitteln;
  • Haftverhandlungen nicht stattzufinden haben und die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft schriftlich ergeht;
  • der Besuchsverkehr während der COVID-19-Maßnahmen auf telefonische Kontakte beschränkt wird;
  • Zeiten während aufrechter COVID-19-Maßnahmen, nicht in die 14-tägige Frist zur Zahlung einer Geldstrafe (auch bei Diversion) eingerechnet werden, wenn diese Maßnahmen den Zahlungspflichtigen mittelbar oder unmittelbar in seinem Erwerbsleben treffen;
  • Zeiten während aufrechter COVID-19-Maßnahmen, in denen die Erbringung gemeinnützigen Leistung bei einer Diversion nicht möglich ist, nicht in die Fristen zur Erbringung dieser Leistungen eingerechnet werden;

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Newsletters waren noch keine entsprechenden Verordnungen des Justizministeriums veröffentlicht. Den aktuellen Stand dazu finden Sie hier: Justizministerium - COVID 19

 

2.3. Besondere Vorkehrungen im Anwendungsbereich des Strafvollzugsgesetz

 

Für das Strafvollzugsgesetz kann die Justizministerin für die Dauer der COVID-19-Maßnahmen durch Verordnungen Verfügungen treffen und anordnen, dass

  • die Anordnung auf Antritt des Strafvollzugs während der Dauer der COVID-19-Maßnahmen unterbleibt;
  • ein Aufschub zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen während der Dauer der COVID-19-Maßnahmen nicht widerrufen werden soll;
  • mit COVID-19 infizierte Personen oder solche, die wegen Kontakt mit infizierten Personen in Quarantäne stehen, als vollzugsuntauglich gelten;
  • der Strafvollzug für die Dauer der COVID-19-Maßnahmen aufgeschoben wird, wenn
    • der Verurteilte keine Gefahr für die Sicherheit des Staates, Personen oder Eigentum darstellt
    • er kein geistig abnormer Rechtsbrecher oder
    • gefährlicher Rückfallstäter ist und
    • das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe drei Jahre nicht übersteigt;
  • der Besuchsverkehr während der COVID-19-Maßnahmen auf telefonische Kontakte beschränkt wird;
  • die Frist für den Wiederantritt der Strafe während der COVID-19-Maßnahmen unterbrochen wird;
  • Anhörungen für bedingte Entlassungen während der COVID-19-Maßnahmen unter Verwendung audiovisueller Einrichtungen durchzuführen sind;
  • ein Widerruf des Hausarrests nicht anzuordnen ist, wenn wegen der COVID-19-Maßnahmen eine Arbeitsverrichtung nicht möglich ist.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Newsletters waren noch keine entsprechenden Verordnungen der Justizministerin veröffentlicht. Den aktuellen Stand dazu finden Sie hier: Justizministerium - COVID 19


 

Die folgenden Regelungen treten mit dem 22.03.2020 und mit 31.12.2020 außer Kraft.

 

3.1. Unterbrechung von Fristen

Alle Fristen in anhängigen Verfahren vor Verwaltungsbehörden - auf die Verwaltungsverfahrensgesetze AVG, VStG und VVG anwendbar sind - werden bis zum 30.04.2020 unterbrochen,

  • deren fristauslösendes Ereignis ab dem 22.03.2020 fällt, oder
  • die mit 22.03.2020 noch nicht abgelaufen sind.

Dies gilt ausdrücklich auch für Verjährungsfristen (wie zB die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG), aber nicht für verfassungsgesetzliche Höchstfristen und Fristen nach dem Epidemiegesetz.

 

In äußerst dringenden Fällen kann die Behörde bestimmen, dass die Frist nicht unterbrochen wird, und eine neue angemessene Frist festlegen. Äußerst dringend sind nur solche Fälle, bei denen

  • eine Gefahr für Leib und Leben oder Sicherheit und Freiheit droht oder
  • bei denen die Fortsetzung des Verfahrens zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Partei dringend geboten ist und
  • NICHT das Interesse der Allgemeinheit an der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 sowie der Schutz der Aufrechterhaltung eines geordneten Verwaltungsbetriebes die Einzelinteressen überwiegen.

 

3.2. Längere Fristen für verfahrenseinleitende Anträge

Fristen für verfahrenseinleitende Anträge verlängern sich um die Zeit ab 22.03.2020 bis zum 30.04.2020. Diese Zeitspanne wird nicht in die Frist eingerechnet.

 

3.3. Aussetzung von mündlichen Anträgen, Einvernahmen und Verhandlungen

Mündliche Anträge, Vernehmungen und Verhandlungen – ausgenommen per Videoschaltung – sind nur durchzuführen, wenn dies für eine geordnete Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich ist. Ist die Durchführung einer Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung unbedingt erforderlich, kann sie auch in Abwesenheit aller anderen Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden.

 

3.4. Unterbrechung von Verfahren – Einstellen der Tätigkeit einer Behörde

Kann aufgrund von COVID-19 eine Behörde nicht mehr tätig sein, macht dies die Oberbehörde bekannt. Diese bestimmt auf Antrag eine sachlich zuständige Ersatzbehörde desselben Landes, wenn während der Unterbrechung Verfahrenshandlungen vorzunehmen sind, die zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens eines Beteiligten dringend geboten sind.

 

3.5. Verordnung des Bundeskanzlers möglich

Der Bundeskanzler wird ermächtigt, durch eine Verordnung diese Regelungen zu ändern (zB Fristen verlängern oder verkürzen), soweit dies der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 dient. Dabei sind die Interessen an der Fortsetzung der Verfahren, insbesondere der Schutz vor Gefahren für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit der Verfahrensparteien oder die Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens von diesen, mit den Interessen der Allgemeinheit an der Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 und am Schutz der Aufrechterhaltung eines geordneten Verwaltungsbetriebes gegeneinander abzuwägen.

 

3.6. VwG, VwGH und VfGH

  • Die Punkte 1. - 5. gelten sinngemäß auch für die Verfahren vor den VwG, VwGH und VfGH, wobei für den VfGH der Punkt 4. (Unterbrechung von Verfahren) nicht gilt.
  • Für den VwGH sind anstelle der Beratung und Beschlussfassung der Vollversammlung des VwGH schriftliche Erklärungen der VwGH-Mitglieder im Umlaufweg möglich.
  • Der VfGH kann eine Beratung und Beschlussfassung im Umlaufweg oder über Telekommunikation durchführen, wenn der VfGH im Fall außergewöhnlicher Verhältnisse nicht in angemessener Frist zusammentreten kann. Nähere Bestimmungen werden in der Geschäftsordnung des VfGH zu treffen sein.
  • Hat der VfGH eine Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit oder ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben, kann er auf Antrag die Frist für die Veröffentlichung des Außerkrafttretens der aufgehobenen Verordnung bzw des aufgehobenen Gesetzes verlängern. Bedingung ist, dass wegen außergewöhnlicher Verhältnisse aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen eine neue Verordnung bzw ein neues Gesetz nicht rechtzeitig erlassen werden kann. Die absolute Frist von 6 bzw 18 Monaten darf nicht überschritten werden.

 

In anhängigen behördlichen Verfahren der Abgabenbehörden werden alle ordentlichenRechtsmittelfristen, die nach dem 16.03.2020 beginnen oder die bis 16.03.2020 noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen.

Dies gilt auch für den Lauf der Einspruchsfrist, der Rechtmittelfrist und der Frist zur Anmeldung einer Beschwerde nach dem FinStrG.

 

Finanzstraf- und Abgabenbehörden können in Einzelfällen aussprechen, dass die Frist nicht unterbrochen wird und eine neue angemessene Frist festsetzen. Voraussetzung ist, dass

  • die Fortsetzung des Verfahrens zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder
  • zur Abwehr eines erheblichen unwiederbringlichen Schadens einer Partei dringend geboten ist und
  • das Interesse der Allgemeinheit an der Bekämpfung von COVID-19 nicht überwiegt.

 

Während der Dauer der COVID-19-Maßnahmen sind mündliche Verfahren nur durchzuführen, soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege unbedingt erforderlich ist. Dies gilt auch für den persönlichen Parteienverkehr. Ausgenommen davon sind audiovisuelle Vernehmungen.

 

Der Finanzminister ist ermächtigt, bis 31.12.2020 durch Verordnung

  • die Unterbrechung der Fristen zu verlängern oder weitere Ausnahmen von der Unterbrechung vorzusehen und
  • weitere Bestimmungen über den Fristenlauf (insbesondere zur Hemmung, Unterbrechung, Verlängerung oder Verkürzung der Fristen) und die Einhaltung von Terminen im Rechtsmittelverfahren anordnen,

soweit dies zur Bekämpfung von COVID-19 erforderlich ist.


 

Solange die genannten (zivilrechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche) Fristen unterbrochen sind, gilt für die Zustellung von gerichtlichen oder behördlichen Dokumenten mit Zustellnachweis Folgendes:

  • Das Dokument gilt als zugestellt, wenn es in die Abgabeeinrichtung (dh Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) eingelegt oder an der Abgabestelle (auch bei anderen Personen) zurückgelassen wird. Soweit möglich, ist der Empfänger oder eine Person, von der angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten kann, schriftlich, mündlich oder telefonisch von der Zustellung zu verständigen. Das Dokument gilt als nichtzugestellt, wenn der Empfänger ortsabwesend ist und nicht rechtzeitig vom der Zustellung Kenntnis erlangen konnte; die Zustellung wird aber mit dem auf die Rückkehr folgenden Tag wirksam.
  • Der Zusteller hat am Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) die Zustellung, die Form der Verständigung von der Zustellung und ggf. auch die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war, festzuhalten. Der Zustellnachweis ist unverzüglich an den Absender zu übermitteln.

 

Die Regelung trat mit 22.03.2020 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft.


 

In § 200b Abs 1 EO wird klargestellt, dass die Möglichkeit der Aufschiebung der Exekution auch bei einer Epidemie und Pandemie besteht, wenn der Schuldner dadurch

  • in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die zur Einleitung der Exekution geführt haben,
  • die Exekution seine wirtschaftliche Existenz vernichten würde und
  • die Gefahr besteht, dass durch sie der betreibende Gläubiger schwer geschädigt werden könnte.

 

Die Möglichkeit der Einvernahme des Angeklagten über Videokonferenz besteht nun auch im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde, wenn sich der Beschuldigte bereits in Untersuchungshaft befindet.


 

Von 22.03.2020 bis 31.12.2020 fasst die Bundesregierung ihre Beschlüsse einstimmig. Die Beschlussfassung kann schriftlich im Umlaufweg oder per Videokonferenz erfolgen. Tritt die Bundesregierung persönlich zusammen, ist sie beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist.

Ab 01.01.2021 fällt die Möglichkeit der Videokonferenz weg.