In diesem Newsletter informieren wir, wie schon im vorigen Newsletter angekündigt, über die neue Flexible Kapitalgesellschaft. Die Beiträge widmen sich verschiedenen Fragen aus der Praxis und gehen auf die Besonderheiten der FlexCo ein.
1. Seminare
Webinar: „Arbeitsrecht für Führungskräfte in der Finanzwirtschaft“
Am 25.02.2025 findet das Online-Fachseminar "Arbeitsrecht für Führungskräfte in der Finanzwirtschaft" statt. Nähere Informationen finden Sie hier: www.finanzverlag.at/events/arbeitsrecht-finanzwirtschaft/
Präsenzseminar „Arbeitsrecht für Führungskräfte“
Am 18.02.2025 findet wieder das Präsenzseminar „Arbeitsrecht für Führungskräfte“, das für alle Branchen geeignet ist, im Hotel Sans Souci Wien statt. Nähere Informationen finden Sie hier: https://www.weka-akademie.at/arbeitsrecht-fur-fuhrungskrafte/
2. Die Flexible Kapitalgesellschaft
Die FlexCo (auch FlexKap, Flexible Company oder Flexible Kapitalgesellschaft) ist eine neu geschaffene Kaptalgesellschaft und kann seit 01.01.2024 gegründet werden. Sie ist eine Mischform aus GmbH und AG.
Die gesetzliche Grundlage ist das FlexKapGG. Dieses greift subsidiär auf das GmbHG zurück, sofern das FlexKapGG keine eigene Regelung vorsieht.
Sofern die besonderen Gestaltungsoptionen (zB Unternehmenswert-Anteile) der FlexCo nicht in Anspruch genommen werden, so entspricht eine FlexCo im Wesentlichen einer GmbH. Diese Gestaltungsoptionen können auch zu einem späteren Zeitpunkt ohne Umwandlung von GmbH zu FlexCo in Anspruch genommen werden.
Wie wird die FlexCo gegründet?
Die Gründung einer FlexCo setzt einen Gesellschaftsvertrag (bei einer Ein-Personen-FlexCo: „Errichtungserklärung") voraus. Die Errichtung ist in Form eines Notariatsaktes vorzunehmen.
Welchen Zusatz muss die FlexCo haben?
Die Firma der Gesellschaft hat den Zusatz „Flexible Kapitalgesellschaft“ oder „Flexible Company“ zu enthalten. Diese können mit „FlexKapG“ oder mit „FlexCo“ abgekürzt werden.
Wie hoch muss das Stammkapital und die Stammeinlage sein?
Das Stammkapital hat mindestens EUR 10.000,00 zu beantragen. Davon muss zumindest die Hälfte bei Gründung einbezahlt werden. Die Mindeststammeinlage beträgt lediglich EUR 1,00.
Wie können die Gesellschaftsanteile an der FlexCo übertragen werden?
Bei der FlexCo wurde bewusst eine erleichterte Übertragung der Geschäftsanteile gewählt. Die Geschäftsanteile einer GmbH können nur durch Notariatsakt übertragen werden können.
Die FlexCo-Geschäftsanteile können hingegen durch eine von einem Rechtsanwalt oder einem Notar errichten (Privat)-Urkunde übertragen werden. Auch ein Notariatsakt ist weiterhin möglich.
Wie läuft die Übertragung eines Geschäftsanteiles mittels Urkunde durch einen Rechtsanwalt ab?
Der beauftragte Rechtsanwalt errichtet eine Urkunde für die Übertragung des FlexCo-Geschäftsanteiles. Er hat die Identität der Vertragsparteien festzustellen und muss diese über die Rechtsfolgen (zB Haftung für Volleinzahlung der Stammeinlage) aufklären. Diese Belehrung ist in der Urkunde zu dokumentieren.
Wichtig für die Praxis:
Die Vertragspartner können die Urkunde entweder persönlich oder im Rahmen eines Video-Telefonats in Echtzeit vor dem Rechtsanwalt unterfertigen.
Sofern die Urkunde nicht persönlich vor dem Rechtsanwalt unterfertigt wurde, ist die unterfertigte Urkunde– per Post, Telefax oder Scan – an den Rechtsanwalt zu übermitteln.
Eine zeitgleiche Unterfertigung oder eine Unterfertigung durch alle Vertragspartner auf derselben Urkunde ist nicht erforderlich.
Was sind Stückanteile?
Das FlexKapGG ermöglicht die Schaffung von Stückanteilen. FlexCo-Stückanteile sind Anteile am Stammkapital der Gesellschaft und lauten auf einen bestimmten Nennbetrag von mind. EUR 1,00. Das heißt, dass die Geschäftsanteile in Stammeinlageanteile von zumindest EUR 1,00 Nennbetrag gestückelt werden können.
Dabei ist jeder Anteil mit einer Stimme verbunden. Dies bedeutet, dass die Gesellschafter über keinen einheitlichen Geschäftsanteil, sondern über mehrere Anteile getrennt verfügen können.
Ist es möglich, die Stückanteile mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten auszugestalten?
Vorteil der Stückanteile ist, dass unterschiedliche Gattungen geschaffen werden können (= Anteilsgattungen).
Hinweis: Die einzelnen Anteilsgattungen können mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet werden, zB eine Anteilsgattung mit einem erhöhten Dividendenanspruch oder mit einem Liquidationserlösvorzug oder mit unterschiedlichen Stimmbefugnissen.
Hinweis: Nur Geschäftsanteile können als Stückanteile gestaltet werden, Unternehmenswert-Anteile hingegen nicht.
Was sind Unternehmenswert-Anteile?
Herzstück ist die Möglichkeit zur Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen. Unternehmenswert-Beteiligte erhalten eine Beteiligung am Substanzwert und am Gewinn der Gesellschaft, jedoch kein Stimmrecht.
Die Stammeinlagen der einzelnen Unternehmenswert-Beteiligten müssen jeweils mindestens 1 Cent betragen. Sie sind bei Übernahme sofort in voller Höhe zu leisten.
Wichtig für die Praxis: Unternehmenswert-Anteile bilden einen Teil des Stammkapitals der Gesellschaft.
An wen darf ich Unternehmenswert-Anteile vergeben?
Unternehmenswert-Beteiligte können sowohl Mitarbeiter und Gesellschafter der FlexCo sein als auch außenstehende Personen.
Unternehmenswert-Anteile dürfen bis höchstens 25% des Stammkapitals ausgegeben werden.
Gestaltungsvariante: Unternehmenswert-Anteile können grundsätzlich bereits bei der Gründung ausgegeben werden. Sie können auch erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgegeben werden. Im Falle der späteren Ausgabe hat dies entweder durch eine Erhöhung des Stammkapitals oder eine kapitalneutrale Umwandlung von „normalen“ Geschäftsanteilen in Unternehmenswert-Anteile zu erfolgen.
Wichtig ist, dass die (Berechtigung zur) Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen sein muss.
Wie kann ich meinen Unternehmenswert-Anteil übertragen?
Bei der Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen genügt die Einhaltung der Schriftform (=Unterschriftlichkeit). Diese ist auch bei Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen erfüllt.
Vergleich: „Normale“ Geschäftsanteile der FlexCo können durch Notariatsakt, anwaltliche oder notarielle Urkunde übertragen werden.
Werde ich im Firmenbuch eingetragen, wenn ich Unternehmenswert-Anteile halte?
Unternehmenswert-Beteiligte werden nicht individuell im Firmenbuch eingetragen. Im Firmenbuch wird nur eingetragen,
dass es Unternehmenswert-Anteile gibt,
die Summe der insgesamt auf Unternehmenswert-Anteile entfallenden Stammeinlagen und
die Summe der darauf geleisteten Einzahlungen.
Aber: Sehr wohl sind die Unternehmenswert-Beteiligten in einer Namensliste in der Urkundensammlung im Firmenbuch ersichtlich. Deren Beteiligungshöhe wird in einer Anteilsliste festgehalten. Diese ist beim Firmenbuch einzureichen, wird aber nicht veröffentlicht.
Die Gründer verkaufen ihre „normalen“ Geschäftsanteile an einen Investor. Wie sieht es mit meinen Unternehmenswert-Anteilen aus?
Unternehmenswert-Beteiligte haben ein zwingendes Mitverkaufsrecht, wenn die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern. Die Gründungsgesellschafter haben dafür zu sorgen und zu garantieren, dass die Erwerber auch den Unternehmenswert-Beteiligten den Erwerb ihrer Anteile entsprechend der Höhe ihrer jeweils eingezahlten Stammeinlagen zum gleichen Preis und zu gleichen Konditionen anbieten.
Gestaltungsvariante: Es empfiehlt sich, im Gesellschaftsvertrag eine Mitverkaufspflicht der Unternehmenswert-Anteile vorzusehen. Dies ermöglicht einem verkaufswilligen Mehrheitsgesellschafter den Unternehmenswert-Beteiligten im Verkaufsfall zum Mitverkauf zu verpflichten und damit eine Veräußerung sämtlicher Anteile an einer Gesellschaft zu ermöglichen. Dies ist sollte vor allem als Absicherung einer Exit-Strategie der Gründer überlegt werden.
Müssen sämtliche Gesellschafter mit dem schriftlichen Abstimmungsmodus einverstanden sein?
Im Gesellschaftsvertrag der FlexCo kann vorgesehen werden, dass für eine Abstimmung im schriftlichen Weg („Umlaufbeschluss“) das Einverständnis aller Gesellschafterinnen nicht erforderlich ist. In diesem Fall muss für eine gültige schriftliche Beschlussfassung allen stimmberechtigten Gesellschafterinnen (nur) eine Teilnahme an der Abstimmung ermöglicht werden.
Kann die FlexCo eigene Anteile erwerben und halten?
Bei einer GmbH ist der Erwerb eigner Anteile grundsätzlich verboten.
Eine FlexCo kann unter bestimmten Voraussetzungen ihre eigenen Geschäftsanteile erwerben, uA in folgenden Fällen:
wenn es sich um Unternehmenswert-Anteile handelt;
wenn er unentgeltlich erfolgt (zB durch Schenkung) oder durch Exekution einer eigenen Forderung (zB FlexCo hat Forderung gegen einen Gesellschafter und kann dessen Anteil zur Einbringung der Forderung erwerben);
durch Gesamtrechtsnachfolge (Erb- oder Gesellschaftsrechtlich);
bei einer Kapitalherabsetzung.
Bei der Aktiengesellschaft (AG) gibt es die Möglichkeit der bedingten Kapitalerhöhung oder des genehmigten Kapitals. Die GmbH hat diese Möglichkeit nicht. Wie sieht es bei der FlexCo aus?
Die FlexCo verfügt über mögliche Kapitalmaßnahmen, die sonst einer AG vorbehalten sind.
Die bedingte Kapitalerhöhung steht zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten an Gläubigerinnen von Finanzierungsinstrumenten, zur Vorbereitung eines Zusammenschlusses mehrerer Unternehmungen und zur Gewährung von Anteilsoptionen für Arbeitnehmer, leitende Angestellte sowie Mitglieder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens zur Verfügung. Die bedingte Kapitalerhöhung ermöglicht es, dass die von den Gesellschaftern beschlossene Erhöhung des Stammkapitals (aus den darüber genannten Gründen) nur unter der Bedingung und in jenem Ausmaß eintritt, als die auf das neue Kapital eingeräumten Umtausch- oder Bezugsrechte in Anspruch genommen werden und Geschäftsanteile ausgegeben werden.
Bei „genehmigtem Kapital“ sieht der Gesellschaftsvertrag vor, dass die Geschäftsführung für höchstens fünf Jahre nach Eintragung der Gesellschaft ermächtigt ist, das Stammkapital bis zu einem bestimmten Nennbetrag (= genehmigtes Kapital) durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile gegen Einlagen zu erhöhen. Der Nennbetrag des genehmigten Kapitals darf die Hälfte des Stammkapitals, das zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, nicht übersteigen.
VORTEILE der FlexCo (gegenüber AG und GmbH)?
Dynamische Gesellschaftsstruktur - weniger Formvorschriften:
Übertragung der Geschäftsanteile mittels Urkunde durch Rechtsanwalt oder Notar (kein Notariatsakt erforderlich).
einfache Übertragung der Unternehmenswert-Anteile durch Einhaltung der Schriftform (=Unterschriftlichkeit).
Einfache Beteiligung – Beteiligung von Dritten (zB Mitarbeiter oder Investoren) durch Unternehmenswert-Anteile am Bilanzgewinn und an der Substanz der FlexCo, jedoch ohne diesen ein Stimmrecht einzuräumen.
Kapitalmaßnahmen, die sonst nur der AG vorbehalten waren (zB bedingte Kapitalerhöhung und genehmigtes Kapital).
Rechte und Pflichten an Gesellschaftsanteilen (Stückanteilen) können unterschiedlich ausgestaltet werden, sodass verschiedene Anteilsgattungen nebeneinander bestehen.
Mitverkaufsrecht für Unternehmenswert-Anteile, wenn Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern.
Einfachere Beschlussfassung – bei entsprechender Regelung im Gesellschaftsvertrag ist die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zur Form der schriftlichen Beschlussfassung nicht erforderlich. Es muss bloß sämtlichen Gesellschaftern die Teilnahme an der Abstimmung ermöglicht werden. Stimmabgabe in Textform kann vorgesehen werden.
NACHTEILE der FlexCo (gegenüber AG und GmbH)?
Rechtsunsicherheit – Aufgrund der neuen Form als Kapitalgesellschaft genießt die FlexCo noch geringeres Vertrauen als GmbH oder AG. Da eine FlexCo erst seit Anfang 2024 gegründet werden kann, besteht noch gewisse Rechtsunsicherheit. GmbH und AG sind lang etablierte Rechtsformen. Daher besteht – auch aufgrund der bereits ergangenen Rechtsprechung zu vielen gesellschaftsrechtlichen Detailfragen – größere Rechtssicherheit.
Die FlexCo kann nicht an der Börse zum Handel zugelassen werden.
Die FlexCo hat eine frühere Aufsichtsratspflicht als die GmbH.
Bei der FlexCO muss ein Aufsichtsrat bereits eingerichtet werden, wenn sie die Dimension einer mittelgroßen Gesellschaft erreicht hat (§221 Abs 2 UGB). Eine mittelgroße Gesellschaft liegt vor, wenn 2 der 3 folgenden Merkmale überschritten werden:
20 Mio Euro Bilanzsumme.
40 Mio Euro Umsatzerlöse im Jahr vor dem Abschlussstichtag.
250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.