Newsletter 04/2017 - Unger Rechtsanwälte

Die Mietvertragsgebühr für Wohnraummieten wird abgeschafft. Der Nationalrat hat am 12.10.2017 eine entsprechende Empfehlung des Finanzausschusses angenommen.

1. Derzeitige Rechtslage:

Gemäß § 33 TP5 Gebührengesetz sind sämtliche Bestandverträge zu vergebühren. Die Gebühr beträgt 1% der Bemessungsgrundlage. Diese richtet sich nach der Dauer des Mietvertrages:

  • Bei Verträgen auf bestimmte Dauer ist der Jahreswert heranzuziehen und mit der Vertragsdauer zu multiplizieren.
  • Das Gesetz sieht eine Höchstgrenze des 18-fachen Jahreswertes vor. Bei Wohnraummieten beträgt die Höchstgrenze das 3-fache des Jahreswertes.
  •  Bei unbestimmter Vertragsdauer beträgt die Bemessungsgrundlage das 3-fache des Jahreswertes.

Beispiel: Ein Mietvertrag für eine Wohnung wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Der monatliche Mietzins beträgt € 500,00. Die Bemessungsgrundlage beträgt das 3-fache des Jahreswertes, dh 3 * 6.000,00 = 18.000,00. Die Gebühr beträgt 1% aus 18.000,00, dh
€ 180,00.

 

2. Eingeführt wurde diese Gebühr bereits zur Zeit Maria Theresias, da zu dieser Zeit aufgrund des weit verbreitenden Analphabetismus die Assistenz kaiserlicher Beamter zur Vertragserrichtung erforderlich war.

3. Neue Rechtslage:

In der Nationalratssitzung am 12.10.2017 wurde die Änderung des Gebührengesetzes zur Abschaffung der Mietvertragsgebühr für Wohnraummieten beschlossen. Dies entlastet vor allem die Mieter, da die Vertragsgebühr üblicherweise auf diese abgewälzt wird. Die Gebühr für alle übrigen Bestandverträge ist nicht Gegenstand der Beschussfassung und bleibt in Kraft. Derzeit ist noch unklar, wann die Gesetzesänderung in Kraft treten wird. Über die Details des Beschlusses werden wir Sie auf dem Laufenden halten. 


Der Nationalrat beschloss am 12.10.2017 die arbeitsrechtliche Gleichstellung von Arbeiter und Angestellten. Dies betrifft zB die Entgeltfortzahlung im Krankenstand und bei wichtigen persönlichen Dienstverhinderungsgründen. Ebenso werden einheitliche Kündigungsfristen vorgesehen. Teilweise sind Übergangsfristen für die Umsetzung bis 2021 vorgesehen. Über die genauen Inhalte werden wir im nächsten Newsletter berichten.


Seit dem 01.07.2017 kann für neu eingestellte Mitarbeiter der Beschäftigungsbonus beantragt werden. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen werden die bezahlten Lohnnebenkosten für die nächsten 3 Jahre zu 50% rückerstattet und sind von der Einkommensteuer befreit. Das Ziel ist die Schaffung zusätzlicher Beschäftigungs­verhältnisse.

Unternehmen können unabhängig von ihrer Größe oder Branche den Beschäftigungsbonus beantragen, wenn

  • sie über einen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich verfügen und
  •  zumindest ein förderungsfähiges Arbeitsverhältnis mit einem Mindestbeschäftigungsausmaß von insgesamt 38,5 Wochenstunden (Vollzeitäquivalent) neu begründet wird. Dieses Ausmaß kann sich auch aus Beschäftigungszeiten von Teilzeitbeschäftigen zusammensetzen.

Um beurteilen zu können, wann ein zusätzliches förderungsfähiges Arbeitsverhältnis vorliegt, wird aus den Beschäftigungen zum Zeitpunkt vor Entstehung des ersten zu fördernden Arbeitsverhältnisses und zum Ende der 4 vorausgegangenen Kalenderquartale ein Referenzwert gebildet (ohne Lehrlinge und geringfügig Beschäftigte). Ein zusätzliches Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn dieser Referenzwert in der Höhe eines Vollzeitäquivalents überschritten wird. 

Beispiel: (AN = ArbeitnehmerIn)

Zum Zeitpunkt der Antragsstellung 09/2017 sind 9 AN im Betrieb beschäftigt.

Im 1.Vorquartal 06/2017 waren 8 AN beschäftigt.

Im 2.Vorquartal 03/2017 waren 8 AN beschäftigt.

Im 3.Vorquartal 12/2016 waren 12 AN beschäftigt.

Im 4.Vorquartal 09/2016 waren 7 AN beschäftigt.

Der Referenzwert beträgt 12. Im Zeitpunkt der Antragsstellung liegt daher kein zusätzliches Arbeitsverhältnis vor. Dies wäre erst bei einem 13. Arbeitsverhältnis (Vollzeitäquivalent) der Fall.

Der Beschäftigungsbonus wird gewährt, wenn eine Person neu eingestellt wird, die  

  • innerhalb der letzten 3 Monate beim AMS arbeitslos gemeldet war,
  • innerhalb der letzten 12 Monate von einer österreichischen Bildungseinrichtung abgegangen ist oder
  • innerhalb der letzten 12 Monate mindestens 4 Monate erwerbstätig und voll- oder teilversichert war (sog „ Jobwechsler“). 

Das zu fördernde Arbeitsverhältnis

  •  muss vollversicherungspflichtig und kommunalsteuerpflichtig sein,
  • mind 4 Monate kontinuierlich bestehen,
  • dem österreichischen Arbeits- und Sozialrecht unterliegen,
  • darf nicht in den letzten 6 Monaten vor Beginn der Pflichtversicherung im antragsstellenden Unternehmen oder im Konzernverbund bestanden haben und
  • darf keine Förderung einer Landes- oder Bundesstelle durch Zuschussprogramme erhalten (abrufbare Liste unter: www.beschäftigungsbonus.at).

 

Die Förderungshöhe beträgt 50% der förderungsfähigen Kosten, die über die Dauer von bis zu 3 Jahren für zusätzliche förderungsfähige Arbeitsverhältnisse nachweislich bezahlt wurden. Folgende Dienstgeberbeiträge sind dabei als Lohnnebenkosten erfasst:

-  Krankenversicherungsbeitrag

-  Unfallversicherungsbeitrag

-  Pensionsversicherungsbeitrag

-  Arbeitslosenversicherungsbeitrag

-  IESG-Zuschlag (Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz)

-  Wohnbauförderungsbeitrag

-  Mitarbeitervorsorge (BMSVG)

-  Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds

-  Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage der Wirtschaftskammer)

-  Kommunalsteuer

Die förderbaren Lohnnebenkosten sind mit der jährlichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage begrenzt.

Beispiel:

Zusätzliches förderungsfähiges Arbeitsverhältnis:

EUR 40.000,00/Jahresbruttogehalt

Lohnnebenkosten in Höhe von 30,5%:

EUR 12.200,00/Jahr

50% gewährter Zuschuss:

EUR 6.100,00/Jahr

Gesamtzuschuss für max. 3 Jahre Förderungslaufzeit:

EUR 18.300,00

Anträge müssen unter Einbindung eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers über das Programm „aws Fördermanager“ (www.foerdermanager.aws.at) innerhalb von 30 Tagen nach Anmeldung des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin eingebracht werden.

Die Auszahlung erfolgt nachträglich, dh jeweils 12 Monate nach Aufnahme des/r neuen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin und nachweislicher Bezahlung der vollständigen Lohnnebenkosten. Es dürfen keine Abgabenschulden vorliegen.

Die Förderungsdauer beträgt 3 Jahre und kann seit 01.07.2017 beantragt werden.


Eine schrittweiße Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach längerem Krankenstand? Zu diesem Zweck können ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen seit dem 01.07.2017 eine Wiedereingliederungsteilzeit von bis zu 9 Monaten vereinbaren.

Nähere Informationen finden Sie in unserem Newsletter 01/2017 (Seite 2f), abrufbar unter: https://www.unger-rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Newsletter/Newsletter-01_2017.pdf


Das derzeit in Österreich geltende Datenschutzgesetz 2000 (kurz: DSG 2000) wird ab 25.05.2018 von der DS-GVO ersetzt. Den Mitgliedstaaten steht es frei, Teile der DS-GVO in ihr nationales Recht aufzunehmen und detaillierter zu regeln.

Dies ist in Österreich in Form des am 31.07.2017 veröffentlichten Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 geschehen, mit welchem das bisherige DSG 2000 in „Bundesgesetz zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz – DSG)“ umbenannt und grundlegend geändert wird. Die Änderungen treten, wie die DS-GVO, mit 25.05.2018 in Kraft


6.1. Weniger Bürokratie - die Auflagepflicht im Unternehmen entfällt!

Aufgrund des Deregulierungsgesetzes entfiel mit 01.07.2017 in weiten Teilen des Arbeitsrechts die Auflagepflicht der jeweils anzuwendenden Gesetze im Betrieb. In folgenden Gesetzen wurde die Auflagepflicht gestrichen:

  •  Arbeitszeitgesetz (§ 24 AZG),
  • Arbeitsruhegesetz (§ 23 ARG),
  • Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (§ 9 KA- AZG),
  • BäckereiarbeiterInnengesetz 1996 (§ 18 Abs 1 BäckAG),
  • Mutterschutzgesetz 1979 (§ 17 MschG),
  • Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz 1987 (§ 27 Abs 1 KJBG),
  • Gleichbehandlungsgesetz (§ 60 GlBG),
  • Heimarbeitsgesetz 1960 (§ 8 Abs 2 HarbG),
  • ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (§ 125 Abs 7 und § 129 ASchG) und
  • Behinderteneinstellungsgesetz (§ 23a BEinStG).

Eine Auflagepflicht besteht weiterhin für Lenker von Kraftfahrzeugen (iSd § 17c AZG und § 22d ARG).

6.2. Überwachung am Arbeitsplatz - Vorinformation notwendig! – Konsequenzen für österreichisches Entlassungsrecht

Unternehmen dürfen die (Internet)Kommunikation ihrer MitarbeiterInnen überwachen. Allerdings müssen sie über den Umfang und die Art der Überwachung vorab genau hingewiesen werden. Auch muss die Überwachung verhältnismäßig und angemessen sein.

Anlassfall war eine Entlassung eines rumänischen Ingenieures, der aufgrund der Privatnutzung eines beruflichen Messenger-Dienstes (während der Arbeitszeit, trotz striktem Verbot) entlassen wurde. Nach erfolgloser Bekämpfung seiner Entlassung bei den rumänischen Gerichten legte er Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein.

Der EGMR beurteilte das Aufzeichnen von Messenger-Chatprotokollen als Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und des Briefverkehrs gem Art 8 EMRK; vor allem weil der Arbeitnehmer NICHT über die Überwachung und dessen Ausmaßes informiert wurde. Dies wäre wegen der Aufzeichnung der Chatverläufe notwendig gewesen.

Zusätzlich hätte der Arbeitgeber prüfen müssen, ob nicht mildere Formen der Überwachung möglich sind und diese eher angemessen gewesen wären (Verhältnismäßigkeitsprüfung und Interessensabwägung).

 

Der EGMR war auch der Meinung, dass die Entlassung als Konsequenz der Überwachung nicht rechtmäßig war. Dies hat auch Konsequenzen für Österreich iZm der Entlassung von Arbeitnehmern. Aus dieser Entscheidung könnte resultieren, dass auch eine aufgrund einer rechtswidrigen Überwachung erfolgte Entlassung rechtwidrig ist.

Fazit: Verhältnismäßige und angemessene Überwachungen sind zulässig, Arbeitnehmer müssen darüber jedoch informiert werden. Gilt in einem Unternehmen ein „Privatnutzungsverbot“ für Unternehmensressourcen, so empfiehlt sich eine unternehmensinterne Regelung und Information, dass eine Überwachung erfolgt und welches Ausmaß diese annimmt. 

6.3. Frauenquote im Aufsichtsrat

Ab 01.01.2018 müssen Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen und Unternehmen mit mehr als 1.000 ArbeitnehmerInnen eine Frauen- bzw Männerquote von mindestens 30% erfüllen, sofern der Aufsichtsrat aus mind 6 Mitgliedern und die Belegschaft aus mind 20% ArbeitnehmerInnen besteht. Diese Neuerung betrifft Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften, GmbHs und Genossenschaften sowie den Verwaltungsrat einer Societas Europaea (SE).

Ebenfalls müssen bei Entsendungen von ArbeitnehmervertreterInnen in entsprechende Aufsichtsräte, jedes der beiden Geschlechter im Ausmaß von mind 30% vertreten sein, sofern mind 3 ArbeitnehmervertreterInnen in den Aufsichtsrat zu entsenden sind und die Belegschaft zu mind 20% aus ArbeitnehmerInnen besteht.

Die Bestimmungen sind auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat ab dem 01.01.2018 anzuwenden. Ein Verstoß dieser Regelung führt zur Nichtigkeit der Wahl bzw der Entsendung. 


Durch das Insolvenzrechtänderungsgesetz 2017 kommt es vor allem im Bereich des Privatinsolvenzrechts zu Reformen. Es werden zudem Regelungen zum Konzerninsolvenzrecht eingeführt und Anpassung an die neue Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO) vorgenommen.

Folgende Neuerungen sind besonders hervorzuheben:

7.1. Änderungen im Privatinsolvenzrecht

  • Die Frist im Abschöpfungsverfahren wird auf 5 Jahre reduziert (§ 199 Abs 2 IO)
  • Keine Mindestquote mehr für Restschuldbefreiungen (§ 213 IO)
  • Kein verpflichtender außergerichtlicher Ausgleichsversuch mehr bei fehlendem kostendeckenden Vermögen (§ 183 IO)
  • Auskunftspflicht des Schuldners über seine Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit, mind 1x jährlich an das Gericht bzw den Treuhänder (§ 210 Abs 5a IO)
  • Künftig gibt es 2 neue Einleitungshindernisse für ein Abschöpfungsverfahren und zwar für Schuldner, die

         - während des Insolvenzverfahrens erwerblos waren

         - einem Vertretungsorgan einer juristischen Person oder

           Personengesellschaft angehörten und in deren

           Insolvenzverfahren die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht

           nach der IO verletzten (§ 201 IO).  

7.2.  Änderungen im internationalen Insolvenzrecht

  • Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 219 IO)
  • Bekanntmachung, ob es sich um ein Haupt-, Partikular- oder Sekundärinsolvenzverfahren im Sinne der EuInsVO handelt (§ 220 IO)
  • Öffentliche Bekanntmachung und Registrierung der Eröffnung von Insolvenzverfahren in anderen Mitgliedstaaten (§ 220a IO)

 

7.3. Änderung in der Exekutionsordnung

  • Ab 01.01.2019 soll es Gläubigern im Exekutionsverfahren möglich sein, bestimmte Daten und Informationen über ihre Schuldner elektronisch durch ihre Rechtsanwälte und Notare abzufragen (§§ 427 – 431 EO).

Teilweise gelten die Bestimmungen schon rückwirkend mit 26.06.2017, vor allem im internationalen Insolvenzrecht. Die anderen Bestimmungen treten im Wesentlichen mit 31.10.2017 bzw 01.11.2017 in Kraft. Die Änderungen in der EO treten mit 01.01.2019 in Kraft. 


8.1. Haushaltsversicherung gilt in neuer Wohnung weiter

Anlassfall war ein zwischen einer Versicherung und einer Privatperson abgeschlossener Haushaltsversicherungsvertrag, der die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung mit Wertanpassung (ABH 2012) zugrunde lagen. Die Versicherungssumme errechnete sich nach der Quadratmeteranzahl der Wohnung. Der Versicherungsnehmer übersiedelte in eine neue Wohnung, informierte das Versicherungsunternehmen darüber jedoch nicht. Nach einem Wohnungsbrand ersetzte die Versicherung nur jenen Schaden aliquot, der der Wohnnutzfläche der alten Wohnung entsprach, für die die Polizze ursprünglich abgeschlossen wurde.

Der OGH (7 Ob 1/17y) urteilte, dass die maßgeblichen Bestimmungen der ABH 2012 so auszulegen sind, dass im Fall eines Wohnungswechsels des Versicherungsnehmers der Versicherungsschutz nicht nur während des Umzugs, sondern auch für die neue Wohnung (weiter)besteht, sofern der Vertrag nicht vor und mit Wirkung auf den Tag vor Beginn des Umzugs gekündigt wird. Eine unterlassene Anzeige des Wohnungswechsels führt zu keinen Sanktionen. Die Versicherung hatte demnach ihrem Versicherungsnehmer den gesamten Schaden zu ersetzen.

8.2. Schimmel in unsanierter Wohnung - Kein Heizen im Sommer!

Kaufgegenstand war eine unsanierte Wohnung. Diese war von nachhaltiger Schimmelbildung befallen, was der Käufer jedoch nicht wusste.

 

Der Schimmel hätte nur durch „besonders vorsorgliches und kluges Bewohnen“ verhindert werden können, dh ständiges Beheizen und Warmhalten der Wohnung - auch im Sommer.

Laut OGH (5 Ob 42/17p) muss eine Wohnung entsprechend einem allgemein üblichen Wohnverhalten bewohnbar sein, ohne dadurch nachhaltigen Schimmelbefall erwarten zu müssen. Kein Lüften der Wohnung an heißen und schwülen Tagen und die Raumtemperatur im Sommer durch Beheizen warm zu halten, ist unzumutbar. Bei Zugrundelegung eines üblichen Wohnverhaltens war in diesem Fall eine nachhaltige und ausgedehnte Schimmelbildung nicht zu vermeiden. Auch der Kauf einer Wohnung als „unsaniert“, rechtfertigt diese Umstände nicht. Zudem ist es unerheblich, ob die Schimmelbelastung tatsächlich gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreicht oder nicht.


Für die Umsetzung der 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie (RL (EU) Nr 849/2015) zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wurde nun auch die Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) entsprechend geändert. Die Bestimmungen (§§ 365m bis 365z GewO 1994) traten mit 18.07.2017 in Kraft.

Hier die wesentlichen Eckpunkte:

9.1. Anwendungsbereich:

Die Geldwäschebestimmungen der GewO gelten für folgende Gewerbetreibende, unabhängig davon, ob es sich um natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften handelt:

  • Handelsgewerbetreibende einschließlich Versteigerer, soweit sie Zahlungen von mindestens € 10.000,00 in bar tätigen oder entgegennehmen
  • Immobilienmakler
  • Unternehmensberater für die Erbringung gewisser Dienstleistungen für Gesellschaften oder Treuhandschaften
  • Versicherungsvermittler iZm Lebensversicherungen und anderen Dienstleistungen mit Anlagezweck

9.2. Pflichten der Gewerbetreibenden:

  • Erstellung eines Risikoprofils über die Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in seinem Gewerbebetrieb und anschließende Risikobewertung
  • Ausarbeitung und Implenentierung von Strategien, Kontrollen und Verfahren zur Verringerung der Risiken von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung
  • Überwachung der Einhaltung der Vorschriften durch seine Mitarbeiter
  • entsprechende Mitarbeiterschulungen
  • Einführung eines internen Meldesystems für eine anonyme und unabhängige Meldung der Mitarbeiter bei Verstößen gegen die Geldwäschebestimmungen
  • Einhaltung der Sorgfaltspflichten im konkreten Geschäftsfall

9.3. Sorgfaltspflichten bei einem konkreten Geschäftsfall:

In folgenden Fällen müssen besondere Sorgfaltspflichten gegenüber dem Kunden wahrgenommen werden:

  • bei Begründung einer Geschäftsbeziehung
  • bei Ausführung gelegentlicher Transaktionen iHv € 10.000,00 bzw € 15.000,00 oder mehr, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen zwischen denen eine Verbindung zu bestehen scheint, getätigt wird
  • bei Verdacht auf Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung des Kunden
  • bei Zweifel an den Kunden-Identifikationsdaten

Dann sind insbesondere folgende Sorgfaltspflichten einzuhalten:

  • Feststellung und Prüfung der Kundenidentität und des wirtschaftlichen Eigentümers inklusive Prüfung, ob es sich um eine politisch exponierte Person (oder deren Familienmitglieder bzw nahestehenden Personen) handelt
  • Informationseinholung und -bewertung über den Zweck des geplanten Geschäftes
  • kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung und der abgewickelten Transaktionen
  • je nach Risikoeinstufung im konkreten Fall zusätzlich

         - Einholung der Zustimmung der Führungsebene zu einer

           Geschäftsbeziehung

         - Ermittlung der Herkunft des Vermögens oder der Gelder, die

           im Rahmen von Geschäftsbeziehungen

           oder Transaktionen eingesetzt werden

         - verstärkte, fortlaufende Überwachung der

           Geschäftsbeziehung.

Der Umfang der Sorgfaltspflichten richtet sich insbesondere nach dem Zweck der Geschäftsbeziehungen, der Höhe der von einem Kunden eingezahlten Vermögenswerte oder dem Umfang der Transaktionen sowie der Regelmäßigkeit und Dauer der Geschäftsbeziehung. 

8.4. Pflichten zur Dokumentation, Aktualisierung, Aufbewahrung und Löschung:

Unterlagen, Dokumente und Daten müssen 5 Jahre lang nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden oder nach dem Zeitpunkt einer gelegentlichen Transaktion aufbewahrt und regelmäßig aktualisiert werden. Danach sind personenbezogene Daten zu löschen, sofern keine längeren, gesetzlichen Aufbewahrungspflichten bestehen.

9.5. Meldungen an die Geldwäschemeldestelle:

Bei Verdacht von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung müssen alle verdächtigen Transaktionen an die Geldwäschemeldestelle gemeldet werden. Transaktionen dürfen nur durchgeführt werden, wenn dies die Geldwäschemeldestelle erlaubt. Gutgläubige Meldungen haben keine nachteiligen Folgen.

Es dürfen keine Informationen an den gemeldeten Kunden oder an Dritte weitergeben werden (Verbot der Informationsweitergabe).

9.6. Strafen und Folgen bei Verstößen:

Bei Verstößen drohen Geldstrafen von bis zur 2-fachen Höhe der in Folge des Verstoßes erzielten Gewinne oder bis zu € 1 Mio. Bei Versicherungsvermittlern droht eine Geldstrafe von bis zu 10% des jährigen Gesamtumsatzes gemäß dem letzten Jahresabschluss oder bis zu € 5 Mio.

Die Behörde kann zudem die Entscheidung, mit der die Geldstrafe verhängt wurde, veröffentlichen. Diese bleibt mind 5 Jahre auf deren Homepage zugänglich.