Verkürzung von All-in Entgelt während der Elternteilzeit (OGH 9 ObA 83/22d)

Erstellt von Mag. Sylvia Unger |
Arbeitsrecht , Zivilrecht

1. Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war seit Juni 2015 beim Arbeitgeber angestellt. Es kam der Kollektivvertrag für Angestellte im Handel zur Anwendung. In einem Annex zum Dienstvertrag war festgehalten, dass im Basisgehalt 15 bis 25 Überstunden pro Monat abhängig von der Dienstnehmereinstufung inkludiert sein sollte.

Der Kläger nahm ab März 2020 Elternteilzeit in Anspruch und verkürzte seine Arbeitszeit dementsprechend. Bei der neuen Gehaltsfestlegung zog der Arbeitgeber die Überstundenpauschale aliquot ab und begründete dies damit, dass der Arbeitnehmer während der Elternteilzeit gem. §19 d Abs 8 AZG von der Verpflichtung zu Erbringung von Überstunden befreit sei.

Der Arbeitnehmer begehrte ua. die Entgeltdifferenz zwischen März 2020 und März 2021, der aus der Kürzung der Überstundenpauschale hervorging. Des Weiteren brachte er vor, dass die vorgenommene Entgeltkürzung während der Elternteilzeit nicht gerechtfertigt wären, da er ein All-in-Gehalt beziehe.

2. Rechtsansicht der Vorinstanzen

Das Erstgericht sprach mangels der Verpflichtung auf Überstundenleistungen und anderen abweichenden Vereinbarungen zwischen den Parteien aus, dass der Anspruch auf aliquote Auszahlung für Mehr- und Überstunden nicht besteht.

Das Berufungsgericht bestätigte dies damit, dass der Anspruch auf Überstundenpauschale für die Zeit ruhte, in denen der Arbeitnehmer von der Möglichkeit einer Elternteilzeit gebraucht machte (OGH 9 ObA 30/15z). Diese sei nur bei tatsächlicher Überstundenleistung zu beachten. Auf All-in-Verträge sei dieser Grundsatz anwendbar, wenn die Abgeltung von Überstunden in einem bestimmbaren Umfang als Teil des Gesamtgehaltes vorliege und der Anteil der Überstundenabgeltung ausweisbar angegeben sei. Im vorliegenden Fall sei dies durch die Regelung im Annex des Dienstvertrages ausreichend geregelt.

3. Entscheidung OGH 9 ObA 83/22d

Der OGH wies die Revision des Klägers ab, erläutert seine Überlegung jedoch. Demnach ruhe bei All-in-Verträgen während der Elternteilzeit jener Teil des Lohnes, der über das Grundgehalt für Mehr- und Überstunden gebührte. Tatsächlich erbrachte Mehr- oder Überstunden sind durch die Einzelverrechnung zu berücksichtigen.

Die Entgeltvereinbarung samt Überstundenvereinbarung wurde zwischen den Parteien unter der Annahme geschlossen, dass die Leistung von Überstunden auch tatsächlich möglich sei. Da während einer Elternteilzeit die Verpflichtung von Überstundenleistungen entfällt, kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass Überstunden geleistet werden.

Ein fehlender Widerrufsvorbehalt ist keine unabdingbare Voraussetzung für die Verminderung der Überstundenpauschale eines Elternteilzeitbeschäftigten. Des Weiteren war im Annex zum Dienstvertrag die Anzahl der Mehr- und Überstunden festgehalten, welche pauschal durch das Gehalt abgedeckt sind. Da damit die Überstundenleistungen genau bestimmt sind, steht die vom Arbeitnehmer eingewandte Intransparenz der All-in-Vereinbarung nicht einem Ruhen der Überstundenpauschale entgegen.

4. Fazit

Der OGH hält fest, dass dem Arbeitnehmer während der Elternteilzeit über den kollektivvertraglichen Mindestlohn hinaus das gesamte Fixgehalt, gekürzt um die inkludierte Mehr- oder Überstundenpauschale, gebührt.

Das Ruhen der Mehr- und Überstundenpauschalen ist auch auf All-in-Verträge anwendbar. Voraussetzung ist, dass aus dem Dienstvertrag die Anzahl der Überstunden, welche pauschal mit dem jeweiligen Gehalt abgegolten werden, konkret erkennbar sind. Die Entlohnung der Überstunden muss daher in einem bestimmbaren Umfang als Teil des Gesamtentgeltes vorliegen.