1. Allgemeines
Der freie Dienstvertrag gewinnt in der Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung - er zeichnet sich dadurch aus, dass das wesentliche Merkmal eines Arbeitsvertrages, die persönliche Abhängigkeit, fehlt. Ein freier Dienstnehmer ist nicht an Weisungen des Dienstgebers, insb hinsichtlich Arbeitszeit und -ort gebunden und kann sich seine Arbeit selbständig regeln und einteilen.
Für freie Dienstverträge gelten grundsätzlich nur die allgemeinen vertragsrechtlichen Bestimmungen des ABGB. Insbesondere arbeitsrechtliche Normen, deren Zweck es oft ist, die sozial schwächere Partei zu schützen, kommen nicht zur Anwendung.
Durch eine Gesetzesnovelle sollen nun
- eigene Kündigungsregelungen für freie Dienstnehmer und
- die Möglichkeit, einen Kollektivvertrag auch für freie Dienstnehmer abzuschließen
geschaffen werden.
Ein Ministerialentwurf (Link) wurde am 29.07.2025 veröffentlicht. Die neuen Regelungen sollen für freie Dienstverträge gelten, die ab dem 01.01.2026 abgeschlossen werden. Bestehende Verträge bleiben von den neuen Regelungen unberührt.
2. Was bringt die neue Gesetzesnovelle?
2.1. Kündigungsregelung
§ 1159 ABGB enthält Regelungen zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. Die Bestimmung gibt es in dieser Form erst seit 2021. Das Ziel der damaligen Neufassung war die Beseitigung der Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten, weshalb die Bestimmung an den für Angestellte geltenden § 20 AngG angepasst wurde.
Mit Urteil vom 27.02.2025 entschied der OGH, dass die Bestimmungen des § 1159 ABGB auf freie Dienstverhältnisse nicht anwendbar sind, da es sich um eine soziale Schutzbestimmung handelt, die nur aufgrund eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses notwendig ist – ein solches ist beim freien Dienstverhältnis jedoch nicht gegeben.
Damit beide Vertragspartner die Möglichkeit der Kündigung haben, schafft die Novelle nun den neuen § 1159 Abs 6 ABGB, wonach ein freies Dienstverhältnis von beiden Vertragspartnern unter Einhaltung der gesetzlich festgelegten Mindestfrist von vier Wochen zu den festgelegten Kündigungsterminen (zum 15. oder Letzten eines Kalendermonats) gekündigt werden kann. Nach vollendetem zweitem Dienstjahr erhöht sich die Kündigungsfrist auf sechs Wochen.
Auch die Vereinbarung einer Probezeit im ersten Monat des freien Dienstverhältnisses wird möglich – in diesem Zeitraum ist eine Auflösung des Dienstverhältnisses jederzeit von beiden Seiten möglich.
Eine Aufhebung oder Beschränkung dieser Regelungen ist nicht zulässig, abweichende Bestimmungen zugunsten der freien Dienstnehmer sind jedoch möglich.
2.2. Abschluss eines Kollektivvertrages
In Zukunft soll der Abschluss eines Kollektivvertrages auch für freie Dienstnehmer möglich sein. Damit sollen kollektivvertragliche Mindeststandards auch für freie Dienstnehmer zugänglich werden.
Es soll sowohl der Abschluss eigener Kollektivverträge mit der Personengruppe der freien Dienstnehmer allein als auch die Einbeziehung der freien Dienstnehmer in den Geltungsbereich bestehender Kollektivverträge möglich sein.
Achtung: Nehmen Bestimmungen im Kollektivvertrag Bezug auf Gesetze in dessen Geltungsbereich freie Dienstnehmer nicht fallen (zB Urlaubsgesetz, Arbeitszeitgesetz), ist die jeweilige Bestimmung auf freie Dienstnehmer nicht anwendbar! Sollen die gleichen Bestimmungen gelten, müssen diese im Kollektivvertrag für die freien Dienstnehmer nachgebildet werden. |