Kellereigentum an Tiefgarage: Muss jedes Kellereigentumsobjekt baulich voneinan-der abgeschlossen sein, um im Grundbuch eingetragen zu werden? (OGH 30.04.2025, 5 Ob 113/24i)

Erstellt von Mag. Sylvia Unger |
Liegenschaftsrecht
  1. Was ist Kellereigentum?

    Kellereigentum bezeichnet gemäß § 300 ABGB die Möglichkeit, unterirdische Bauwerke, die nicht als Fundament eines Gebäudes dienen, als eigenständiges Eigentum zu behandeln. Solche Bauwerke können als eigene Grundbuchskörper im Grundbuch eingetragen werden, selbst wenn sie unterhalb eines anderen Grundstücks liegen. Wesentlich ist, dass sie vollständig unter der Erdoberfläche liegen und nicht hinausragen, abgesehen von kleineren Hilfseinrichtungen wie Lüftungsschächten. So wird zB eine Tiefgarage rechtlich zu einem selbstständigen Objekt, das unabhängig von der Liegenschaft darüber verwaltet oder veräußert werden kann. 

     

  2. Sachverhalt

    Die Erstantragstellerin errichtete in den Jahren 2020 bis 2022 eine zweigeschossige Tiefgarage, die sowohl unter ihrem eigenen Grundstück als auch dem der Zweitantragstellerin lag. Beide teilten sich das Eigentum an der Tiefgarage entsprechend der Grundstücksgrenze. In beiden Etagen markierten neongelbe Bodenstreifen die Grenze zur Liegenschaft der Zweitantragstellerin. Es gab keine massiven Wände oder Abtrennungen zwischen den Garagenteilen. Beide Eigentümerinnen beantragten schließlich die Eintragung der Tiefgarage als Kellereigentum ins Grundbuch.

    Das zuständige Oberlandesgericht Innsbruck lehnte dies ab. Es argumentierte, die Garage sei keine entlang der oberirdischen Grundstücksgrenzen abgeschlossene Räumlichkeit, und deshalb nicht grundbuchsfähig. 

     

  3. Rechtliche Beurteilung des OGH

    Der Fall ging weiter an den Obersten Gerichtshof (OGH). Dieser hob die Entscheidung auf und wies das OLG an, neuerlich zu entscheiden. Der OGH stellte klar, dass § 300 ABGB keine vollständige bauliche Abgeschlossenheit verlangt. In der Rechtsprechung wurde bis dato die bauliche Abgeschlossenheit nie ausdrücklich behandelt, sie ist aber jedenfalls keine zwingende Voraussetzung bei der Begründung von Kellereigentum. Unterirdische Bauwerke müssen also nicht zwingend rundum durch Wände abgeschlossen sein, um an ihnen Kellereigentum begründen zu können. Ebenso muss keine bauliche Abtrennung entlang einer überirdischen Grundstücksgrenze vorgenommen werden. Eine solche Voraussetzung sei laut OGH weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus historischen, systematischen oder teleologischen Gesetzesauslegungen abzuleiten. Maßgeblich bleibt lediglich, dass das Bauwerk unter der Oberfläche liegt, nicht als Fundament dient und nicht über die Erdoberfläche hinausragt.

     

  4. Fazit

    An einer Tiefgarage kann auch Kellereigentum begründet werden, 

  • wenn sie nicht nach allen Seiten durch Wände abgeschlossen ist und

  • wenn keine bauliche Abtrennung entlang von Grundstücksgrenzen besteht.

 

Der Sinn der Bestimmung des § 300 ABGB liegt darin, unterirdischen Bauwerken eine eigenständige Rechtsposition zu geben, und zwar unabhängig von ihrer konkreten baulichen Gestaltung.