Urheberrechtlicher Bildnisschutz versus Vorlage von heimlich gefilmten Videos als Beweismittel vor Gericht?

Erstellt von Mag. Bianca Holzer |

Auch rechtswidrig erlangte Beweismittel, wie heimlich gefilmte Videos, können als Beweismittel in einem Gerichtsverfahren vorgelegt werden. Der urheberrechtliche Bildnisschutz nach § 78 UrhG kann die Vorlage zu Beweiszwecken nicht verhindern (§ 41 UrhG). Ob ein Beweismittel zulässig ist oder nicht, wird vom Gericht im jeweiligen Verfahren, in dem das Beweismittel vorgelegt werden soll, beurteilt.

Sachverhalt

Eine Frau beantragte eine einstweilige Verfügung gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten und klagte auf Unterlassung wegen folgenden Verhaltens ihres Ex-Lebensgefährten: Der ehemalige Lebensgefährte hatte mehrere (Streit)Gespräche ohne ihre Zustimmung heimlich per Video aufgenommen, persönliche Dokumente von ihr fotografiert und an ihre Mutter und den Vater ihres Kindes weitergeleitet.

Der Ex-Lebensgefährte behauptete, er habe die Aufnahmen für Beweismittel für ein (allfälliges) Pflegschaftsverfahren gemacht.

OGH-Entscheidung 6 Ob 16/21b

1. Bei Eingriffen in Persönlichkeitsrechte ist eine Abwägung zwischen den einander gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen (Güter- und Interessenabwägung). Dabei ist zu prüfen, welche Person ein höherwertiges Interesse im Einzelfall hat.

Das Herstellen von Bildern oder Aufnahmen ohne Einverständnis stellt einen Eingriff in allgemeine Persönlichkeitsrechte dar und unterliegt der Güter- und Interessenabwägung. Bilder von Personen, vertrauliche Dokumente und Aufzeichnungen dürfen ohne Einwilligung grundsätzlich nicht veröffentlicht oder verbreitet werden (§§ 77 und 78 UrhG), wenn dadurch ihre Interessen beeinträchtigt werden.

Davon ausgenommen ist deren Benutzung als Beweismittel für ein Gerichtsverfahren (§ 41 UrhG), auch wenn die Beweismittel rechtswidrig erlangt wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass die Vorlage von heimlichen Videos und Aufnahmen als Beweismittel in einem Gerichtsverfahren unterlassen wird. Ob ein Beweismittel zulässig ist oder nicht, wird vom Gericht im jeweiligen Verfahren, in dem das Beweismittel vorgelegt werden soll, beurteilt. Die Berufung auf Persönlichkeitsrechte, wie auch der urheberrechtliche Bildnisschutz, kann nicht dazu führen, dass die Wahrheitsfindung im Gerichtsverfahren verhindert wird. Zusätzlich ist ein Recht auf Beweise verfassungsrechtlich garantiert.

2. Im konkreten Fall beurteilte der OGH, dass das Weiterleiten von Videos, Aufnahmen von Telefonaten und Fotos höchstpersönlicher Dokumente, wie zB Briefe, an Dritte (wie zB an die Mutter der Frau) unzulässig war und zu unterlassen ist. Es bestand kein berechtigtes Interesse des Ex-Lebensgefährten daran, das Verhalten der Frau offenzulegen, und an der Weitergabe an Dritte. Es gab keine Rechtfertigung für die heimlichen Aufnahmen. Das Gericht konnte auch nicht feststellen, dass der ehemalige Lebensgefährte der Frau die Videos für Beweiszwecke in einem Pflegschaftsverfahren anfertigte. Es erschien dem OGH auch zweifelhaft, ob das Verhalten der Frau gegenüber ihrem Ex-Lebensgefährten tatsächlich für ein allfälliges Pflegschaftsverfahren relevant wäre.