Unzulässige Klauseln in AGB eines Online-Versandhandelsgeschäftes

Erstellt von Mag. Peter Martin |
Payment Law , Civil Law , Zahlungsverkehrsrecht , Zivilrecht

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte mehrere Klauseln in den AGB eines Online-Versandhandelsgeschäftes zu prüfen. Der OGH qualifizierte in seinem Urteil den Großteil der vom VKI bekämpften Klauseln als unzulässig (OGH 21.12.2017, 4 Ob 228/17h).

Der OGH beurteilte unter anderem folgende Klauseln als unzulässig:

1. Beschaffungsrisiko:

„Ein Beschaffungsrisiko wird von uns nicht übernommen, auch nicht bei einem Kaufvertrag über eine Gattungsware. Wir sind nur zur Lieferung aus unserem Warenvorrat und der von uns bei unseren Lieferanten bestellten Warenlieferung verpflichtet.“

OGH: Beim Kaufvertrag besteht die Kardinalspflicht in der Sachverschaffung. Eine Überwälzung dieses Risikos auf den Verbraucher ist unzulässig, vor allem, wenn betriebsinterne Faktoren hineinspielen. Wird eine Ware beworben, so erwartet der Verkehr, dass sie im Zeitpunkt des Erscheinens der Werbeankündigung (schon und noch) vorrätig ist.

2. Entfall der Leistungspflicht:

„Die Verpflichtung unsererseits zur Lieferung entfällt, wenn wir trotz ordnungsgemäßem kongruenten Deckungsgeschäft selbst nicht richtig und rechtzeitig beliefert werden und die fehlende Verfügbarkeit nicht zu vertreten haben, Sie hierüber unverzüglich informiert haben und nicht ein Beschaffungsrisiko übernommen haben.“

OGH: Diese Klausel ist ua gem § 6 Abs 3 KSchG intransparent. Der Begriff des kongruenten Deckungsgeschäfts ist ein Fachbegriff, unter dem sich der typische Kunde eines Modeportals nichts vorstellen kann und der auch in den AGB nicht erklärt wird. 

3. Rücktrittsrecht:

„Dauert das Leistungshindernis in den vorgenannten Fällen über einen Zeitraum von mehr als 4 Wochen nach den ursprünglich geltenden Lieferzeiten an, so sind Sie zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Schadenersatz, bestehen nicht.“

OGH: Ob die Nachfrist von 4 Wochen angemessen ist, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Eine Angemessenheit ist laut OGH zu verneinen, da die bedungene Lieferzeit fünf Tage beträgt und durch diese Klausel auf 4 Wochen, dh fast um das Sechsfache, verlängert wird. Während das Unternehmen kein (berechtigtes) Interesse hat, am Vertrag festzuhalten, zumal der Verbraucher die Ware 30 Tage nach Lieferung ohne Angabe von Gründen zurückstellen kann, liegt es im berechtigten Interesse des Verbrauchers, in angemessener Frist zurückzutreten, um seine Vorleistung möglich rasch zurückzuerhalten und die eingetroffene Ware nicht wieder zur Post bringen und rücksenden zu müssen.Weiters verletzt die Haftungsfreizeichnung § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, weil auch vorsätzlich und grob fahrlässig verursachte Schäden erfasst sind.

4. Widerruf der Vertragserklärung:

„Verbraucher können Ihre Vertragserklärung gemäß § 5e Konsumentenschutzgesetz (KSchG) innerhalb von 7 Werktagen ohne Angabe von Gründen in Textform (zB Brief, Fax, E-Mail) oder - wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird - durch Rücksendung der Sache widerrufen.“

OGH: Die Klausel verstößt gegen § 13 Abs 1 FAGG bzw § 5e Abs 1 KSchG, da ein Rücktritt des Verbrauchers auch mündlich erklärt werden kann. 

5. Haftungsausschluss:

„Für dem Kunden im Rahmen der Geschäftsabwicklung zugefügte Schäden haften wir nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit oder bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der für uns tätigen Erfüllungsgehilfen. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist, ausgenommen bei Personenschäden, ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt auch für Mangelfolgeschäden.“

OGH: Die Klausel ist gröblich benachteiligend, da sie die Haftung für leichte Fahrlässigkeit - Personenschäden ausgenommen - ausschließt und auch eine Freizeichnung enthält, bei der Verletzungen vertraglicher Hauptpflichten für die vom Online-Versandhandelsgeschäft oder seinen Erfüllungsgehilfen verursachten Schäden erfasst sind. Vor allem ist eine Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit unzulässig, wenn sie sich auch auf vertragliche Hauptpflichten bezieht und eine sachliche Rechtfertigung für einen so weitgehenden Haftungsausschluss nicht zu erkennen ist.

6. Datenschutzrechtliche Klauseln:

„Wir speichern Ihre Bestell- und Adressdaten zur Nutzung im Rahmen der Auftragsabwicklung (auch durch von uns eingesetzte Auftragsabwicklungspartner oder Versandpartner) für eventuelle Gewährleistungsfälle, für Verbesserungen unseres Angebots sowie für Produktempfehlungen gegenüber Kunden gemäß des Inhalts unserer Datenschutzerklärung.“

„[…] Ihre personenbezogenen Daten werden an Dritte nur weitergegeben oder sonst übermittelt, wenn dies zum Zweck der Vertragsabwicklung oder Abrechnung erforderlich ist oder Sie zuvor eingewilligt haben. Im Rahmen der Bestellabwicklung erhalten beispielsweise die hier von uns eingesetzten Dienstleister (wie bspw. Transporteur, Logistiker, Banken) die notwendigen Daten zur Bestell- und Auftragsabwicklung. […]“

OGH: § 6 Abs 3 KSchG soll verhindern, dass der Verbraucher nicht klar erkennen kann, ob in den Klauseln eine Zustimmung zur Datenweitergabe oder eine bloße Information liegt. Es bleibt unklar, um welche konkreten Daten es sich handelt und an wen diese gelangen sollen. Für den Verbraucher ist völlig unbestimmt, welchen Maßnahmen er durch den Vertragsabschluss zustimmt. Es ist unerheblich, ob diese Maßnahmen nach dem anwendbaren Datenschutzrecht zulässig sind oder nicht.

Der OGH beurteilte die salvatorische Klausel des Online-Versandhandelsgeschäftes  als zulässig:

„Sollten einzelne Bestimmungen des Vertrages einschließlich dieser Regelungen ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte der Vertrag eine nichtvorhergesehene Lücke aufweisen, bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen oder Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirksamen oder fehlenden Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen.“

OGH: Nach ständiger Rechtsprechung hat die Nichtigkeit einer Klausel nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge. Scheidet eine nichtige Bestimmung aus dem Vertragstext aus, hat eine Vertragsanpassung zu erfolgen, die sich anhand des dispositiven Rechts, des hypothetischen Parteiwillens und mangels dessen Feststellbarkeit nach redlicher Verkehrsübung orientiert.