Umkleidezeit fällt unter die Arbeitszeit

Erstellt von Mag. Bianca Holzer |
Employment Law for Companies , Arbeitsrecht

Umkleidezeiten sowie die Wegzeiten im Betrieb zwischen Umkleideraum/Garderobe und konkreten Arbeitsplatz sind Arbeitszeit, wenn das Umkleiden nicht selbstbestimmt durch den Arbeitnehmer ist, sondern eine arbeitsleistungsspezifische Tätigkeit oder Aufgabenerfüllung für den Arbeitgeber vorliegt, oder wenn der Arbeitnehmer zwar seine Dienstkleidung auch zu Hause anziehen kann, es dem Arbeitnehmer aber nicht zumutbar ist, diese am Arbeitsweg zu tragen (OGH, 9 ObA 13/20g).

1. Arbeitszeit

Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 Arbeitszeitgesetz (AZG) ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeitszeit ohne Ruhepausen. Die Arbeitszeit beginnt, sobald der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnimmt oder dem Arbeitgeber zur Arbeit zur Verfügung steht.

2. Umkleidezeiten als Arbeitszeit?

Der Oberste Gerichtshof (OGH) relativierte nun seine älteren Entscheidungen, dass die Zeit, die ein Arbeitnehmer vor seinem Eintreffen am Arbeitsplatz zum Anziehen seiner Arbeitskleidung benötigt, im Allgemeinen nicht als Arbeitszeit zu werten ist. Nunmehr vertritt der OGH die Ansicht, dass Umkleidezeiten sehr wohl in die Arbeitszeit fallen können.

In seiner Entscheidung zu 9 ObA 29/18g entschied der OGH, dass Umkleidezeiten von Arbeitnehmern in Krankenhäusern und die damit verbundenen Wegzeiten im Krankenhaus (vom Umkleideraum zum konkreten Arbeitsplatz) primär im Interesse des Arbeitgebers gelegene arbeitsleistungsspezifische Tätigkeiten sind. Die Umkleidezeiten können nicht mehr von den Arbeitnehmern selbst bestimmt werden. Die Umkleidezeiten sind daher Arbeitszeit.

Entscheidendes Merkmal ist, ob der Arbeitnehmer in der Gestaltung seiner Zeit autonom ist, oder aber für den Arbeitgeber schon Handlungen setzt, die außerhalb seiner eigenen Gestaltung sind.

Ist die notwendige Umkleidezeit im Betrieb nicht im eignen Gestaltungsbereich des Arbeitnehmers, weil er verpflichtet ist, eine Dienstkleidung zu tragen, und liegt damit eine arbeitsleistungsspezifische Tätigkeit oder Aufgabenerfüllung für den Arbeitgeber vor, dann ist die Umkleidezeit Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer bringt zwar noch nicht seine „Kernarbeit“, er steht dem Arbeitgeber aber schon zur Verfügung. Auch die Dauer des Umkleidens kann zur Beurteilung berücksichtigt werden.

Erlaubt der Arbeitgeber zwar das Umkleiden der vorgeschriebenen Dienstkleidung zu Hause, ist es dem Arbeitnehmer aber nicht zumutbar, diese Dienstkleidung bereits zu Hause anzuziehen und damit zur Arbeit zu gehen bzw wieder nach Hause, ist auch dies Arbeitszeit. Unzumutbar ist dem Arbeitnehmer zB, wenn die Dienstkleidung nach außen durch Embleme, Logos oder sonstige Farben erkennbar auf ein bestimmtes Unternehmen hinweist oder besonders auffällig oder ungewöhnlich ist (zB ein „Piratenkostüm“). Je auffälliger eine vom Arbeitgeber vorgeschriebene Dienstkleidung ist, desto eher muss die Umkleidezeit als Arbeitszeit gewertet werden.

Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer auch nicht verpflichten, die auffallende Dienstkleidung in der Freizeit zu tragen. Dies würde einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre des Arbeitnehmers bedeuten (OGH 9 Oba 82/15x).

3. Das heißt: Ist das Umkleiden nicht mehr eigenbestimmt, ist die Umkleidezeit sowie auch die Wegzeit im Betrieb vom Umkleideraum/Garderobe zum konkreten Arbeitsplatz Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 AZG.