Kreditbearbeitungsgebühren sind zulässig

Erstellt von Mag Sylvia Unger |
Banking Law , Contract Law , General Terms Of Contract , Bankenrecht , Vertragsrecht , Allgemeine Vertragsbedingungen

Der OGH bestätigte die Zulässigkeit von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelten Kreditbearbeitungsgebühren (OGH vom 30.03.2016, 6 Ob 13/16d).

Anlassfall war die Klage des VKI gegen die Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV) auf Unterlassung folgender Klauseln zu Bearbeitungsgebühren in ihren AGB für Kreditverträge:
„1. Konsumkredit:
Bearbeitungsentgelt 2,50 %
 2. Hypothekarisch besicherte Verbraucher-Kredite:
Bearbeitungsentgelt 1,00 %“

Während der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) sowie die österreichischen Unterinstanzen solche Gebühren als unzulässig qualifizierten, entschied der OGH zugunsten der Bank und beurteilte Bearbeitungsgebühren als zulässig.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:

1.    Die Bearbeitungsgebühr sei keine der Inhaltskontrolle unterworfene Nebenleistungspflicht:

  • Unterschied zum deutschen Recht: 
    Der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) ist nur auf Leistungen anzuwenden, die nicht eine der beiden Hauptleistungen festlegen. Nach deutschem Recht besteht die Hauptleistungspflicht eines Darlehensnehmers in der Verpflichtung, einen geschuldeten Zins zu zahlen. Dieser „Zins“ ist in Deutschland definiert als die nach der Laufzeit des Darlehens bemessene, gewinn- und umsatzunabhängige Vergütung für das überlassene Kapital. Bearbeitungsgebühren sind danach nicht umfasst und als Nebenleistungen zu qualifizieren, die der Inhaltskontrolle unterliegen können.
    Nach österreichischem Recht besteht demgegenüber das Entgelt für ein Darlehen ausdrücklich nur „in der Regel“ in der Bezahlung von Zinsen. Daher können auch Bearbeitungs- oder Manipulationsgebühren als Hauptleistung qualifiziert werden, was die Anwendung der Inhaltskontrolle ausschließt.
  • Die Bearbeitungsgebühr sei Voraussetzung für die Erfüllung der Hauptleistungspflicht der Kunden. Diese nehmen die Bearbeitungsgebühr darüber hinaus als Entscheidungskriterium für den Abschluss eines Darlehensvertrages wahr.
  • Die Bearbeitung der Kreditanfrage sei notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen des Kreditvertrages und damit Entgelt des Kreditvertrages.

2.   Selbst wenn die Bearbeitungsgebühr der Inhaltskontrolle unterworfen wäre, sei sie laut OGH nicht als  gröblich benachteiligend zu qualifizieren.

3.   Auch die werteabhängige Gebührengestaltung sei nicht zu beanstanden, da sich vergleichbare Gebührengestaltungen vielfach in der österreichischen Rechtsordnung finden (zB für Immobilienmakler, Rechtsanwälte, Gerichtsgebühren). Es sei nicht erforderlich, dass die Höhe der Gebühr mit dem tatsächlichen Aufwand des Kreditgebers exakt korreliert.

4.   Durch die deutliche Hervorhebung der Bearbeitungsgebühren in den AGB und Einzelverträgen durften die Kunden nicht davon ausgehen, dass sie den Kredit bei gleicher Zinssatzhöhe ohne Zahlung der Bearbeitungsgebühr erhalten hätten. Die Gebühren seien seit Jahrzehnten üblich.