Ausbildungskostenrückersatz bei nicht bestandener Prüfung? (OGH 11.01.2024, 8 ObA 74/23z)

Erstellt von Mag. Sylvia Unger |
Arbeitsrecht

In der Entscheidung 8 ObA 74/23z beschäftigt sich der OGH damit, ob vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten eines Arbeitnehmers auch dann rückgefordert werden können, wenn der Arbeitnehmer die Ausbildung aufgrund von nicht bestandenen Prüfungen nicht erfolgreich abgeschlossen hat.

 

1. Sachverhalt

Der Arbeitnehmer (=Beklagter) hatte mit seinem Arbeitgeber (=Kläger) vereinbart, dass er in Zukunft als Triebfahrzeugführer eingesetzt und daher die dafür notwendige Ausbildung erhalten sollte, welche der Arbeitgeber finanzierte. Dies war im Dienstvertrag geregelt. Unter anderem enthielt dieser auch Regelungen zum vorzeitigen Abbruch der Ausbildung und zu den Folgen, wenn der Arbeitnehmer das Dienstverhältnis vor Ablauf von drei Jahren nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung kündigt. Nicht Teil der Vereinbarung war, was bei einem Nichtbestehen der die Ausbildung abschließenden Prüfung passieren sollte. 

Einige Module und Prüfungen schloss der Arbeitnehmer erfolgreich ab, an einer Prüfung scheiterte er jedoch vier Mal. Der Arbeitgeber wollte daraufhin keinen weiteren Antritt mehr ermöglichen. Die Folge war, dass der Arbeitnehmer nicht als Triebfahrzeugführer eingesetzt werden konnte, weshalb ihm der Arbeitgeber einen Job als Verschieber anbot. Dieses Angebot lehnte dieser jedoch ab und kündigte daraufhin das Dienstverhältnis.

Der Arbeitgeber begehrte daraufhin einen teilweisen Rückersatz der Ausbildungskosten, da der Arbeitnehmer Spezialkenntnisse erlangt hätte, die er nun bei anderen Arbeitgebern nutzen könne. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, das Berufungsgericht wies die Klage ab. Der Arbeitgeber wandte sich daraufhin an den OGH.

 

2. Rechtsnormen

Der Ausbildungskostenrückersatz ist in § 2d AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz) geregelt. 

Demnach handelt es sich um Ausbildungskosten, wenn die Ausbildung erfolgreich absolviert wurde und der Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art erhalten hat, die er auch bei anderen Arbeitgebern anwenden kann. Für einen Rückerstattungsanspruch des Arbeitgebers müssen die Voraussetzungen erfüllt sein. Zudem bedarf es einer schriftlichen Vereinbarung

Was bei Abbruch oder Nichtbestehens der Ausbildung passiert, ist gesetzlich nicht geregelt.

 

3. Rechtsansicht des OGH

Die Rechtsfrage lautete: Was passiert, wenn Teilprüfungen einer Ausbildung geschafft werden, aber die Ausbildung als Ganzes nicht abgeschlossen wird? 

Mangels einer Regelung des vorliegenden Falles im Dienstvertrag sind die Voraussetzung des § 2d Abs 2 AVRAG nicht erfüllt, sodass eine Rückerstattung der Kosten verneint wurde. Darüber betont der OGH, dass sich der Arbeitgeber nicht auf die vertragliche Regelung berufen kann, wonach der Arbeitnehmer zum Ersatz verpflichtet ist, wenn er das Dienstverhältnis innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Ausbildungsmaßnahme kündigt, weil die Frist aufgrund der nicht abgeschlossenen Ausbildung nie zu laufen begonnen hatte. 

Ob ein teilweiser Kostenersatz möglich ist, behandelte der OGH nicht.

 

4. Fazit

Die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Ausbildungskostenrückersatz sollte präzise verfasst sein und auch Szenarien abdecken, die zu einer nicht erfolgreichen Absolvierung der Ausbildung führen können. Gibt es nämlich keine vertragliche Regelung für einen solchen Sachverhalt, so besteht kein Recht des Arbeitgebers auf Ausbildungskostenrückersatz.