Annahme eines Stundungsangebotes durch Schweigen

Erstellt von Mag. Bianca Holzer |
Civil Law , Contract Law , Zivilrecht , Vertragsrecht

Ein Stundungsangebot kann auch durch Schweigen angenommen werden; insbesondere dann, wenn das Geschäft für den Schweigenden ausschließlich vorteilhaft ist. Die Stundung bewirkt Zahlungs- oder Leistungsaufschub und führt dazu, dass die gestundete Forderung vorerst nicht verjährt.

1. Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt vertrat seinen Mandanten in einem Gerichtsverfahren (im Folgenden: Vorprozess). In weiterer Folge sollte - aufgrund des Vorprozesses - ein Deckungsverfahren gegen die Versicherung des Mandanten geführt werden. Der Rechtsanwalt erklärte, dass er seinen (restlichen) Honoraranspruch aus dem Vorprozess erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens gegen den Versicherer vom Mandanten fordern werde.

In der Folge kam es zu einen Vertreterwechsel, sodass sein ehemaliger Mandant von einem anderen Rechtsanwalt im Deckungsprozess vertreten wurde. Der Rechtsanwalt legte seine Honorarnote seinem ehemaligen Mandanten nach Ende des Deckungsverfahrens gegen dessen Versicherung. Der Mandant zahlte mit der Begründung nicht, dass der Honoraranspruch des Rechtsanwalts aus dem Vorprozess bereits verjährt sei.

2. Rechtlicher Hintergrund – Stundung und Verjährung

Stundung bedeutet Zahlungs- oder Leistungsaufschub. Mit der Stundung wird die Fälligkeit (sog. volle Stundung) oder bloß die Möglichkeit der Geltendmachung (sog. reine Stundung) hinausgeschoben. Eine Stundung führt dazu, dass die gestundete Forderung vorerst nicht verjährt. Sie hemmt den Lauf der Verjährungsfrist.

3. Entscheidung des OGH (3 Ob 103/20y)

Der OGH entschied, dass die Honorarforderung des Rechtsanwalts aus dem Vorprozess noch nicht verjährt war, weil der Mandant das Stundungsangebot seines damaligen Rechtsanwalts durch Schweigen angenommen hat. Grundsätzlich ist ein Schweigen auf ein Vertragsangebot weder Annahme noch Ablehnung, sondern überhaupt keine Willenserklärung. Schweigen kann aber dann als Zustimmung gewertet werden, wenn der Erklärungsempfänger (hier: der Rechtsanwalt) dem Schweigen seines Gegenübers (hier: des Mandanten) keine andere Bedeutung als eine Zustimmung beilegen kann. Schweigen ist dort als Zustimmung zu werten, wo Gesetz, Verkehrssitte oder Treu und Glauben eine Pflicht zum Erklären auferlegen. Schweigen ist va. dann als Zustimmung zu werten, wenn das Geschäft für den Schweigenden ausschließlich vorteilhaft ist. Dies war laut OGH hier der Fall.