Sonder-Newsletter XI - Fristen und Verfahren nach dem 3. und 4. COVID-19-Gesetz

Das 3. und 4. COVID-19-Gesetz (BGBl I Nr 23/2020 und BGBl I Nr 24/2020) enthalten Änderungen zu den Fristen und Verfahren. Die wichtigsten Änderungen, die bereits in Kraft sind, haben wir zusammengefasst.

Informationen zu den bisherigen Änderungen zu Fristen und Verfahren nach den vorangegangenen COVID-19-Gesetzen finden Sie in unserem vorangegangenen Sonder-Newsletter III – 2. COVID-19-Gesetz unter: Sonder-Newsletter III.

 


I. Verlängerung von Fristen durch die Finanzmarktaufsicht (FMA)

(3. COVID-19-Gesetz, Art 1)

Die FMA kann Fristen für Anzeige-, Melde-, Vorlage- und sonstige Einbringungspflichten, Veröffentlichungen oder Informationspflichten auf begründeten Antrag oder durch Verordnung selbst verlängern.

Diese Regelung tritt mit 31.12.2020 außer Kraft.

 


II. Unterbrechung von Fristen nach dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG)

(3. COVID-19-Gesetz, Art 3)

Folgende Fristen wurden unterbrochen:

  • Einspruchsfrist
  • Rechtsmittelfrist
  • Beschwerdeanmeldefrist
  • Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag (Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand)
  • Frist für Einwendungen zur Niederschrift

Voraussetzung ist, dass die Frist

  • mit 16.03.2020 noch nicht abgelaufen war oder
  • zwischen dem 16.03.2020 und dem 30.04.2020 begonnen hätte.

Die Fristen beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen.

Gibt es bis zum 30.09.2020 keine mündliche Verhandlung vor dem Senat, kann der Beschluss auch durch technische Kommunikationsmittel oder im Umlaufweg erfolgen.

 


(3. COVID-19-Gesetz, Art 13)

Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ermächtigt, durch Verordnung bestehende Stichtage abweichend festzusetzen und Fristen zu verkürzen, zu verlängern oder zu verlegen.

 


(3. COVID-19-Gesetz, Art 16 - Art 21)

Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird ermächtigt, durch Verordnung bestehende Stichtage abweichend festzusetzen und Fristen zu verkürzen, zu verlängern oder zu verlegen.

 


(4. COVID-19-Gesetz, Art 1 - 4)

Fristen in Verwaltungsverfahren – inklusive der Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof –,

  • deren fristauslösendes Ereignis ab dem 22.03.2020 fällt oder
  • die mit 22.03.2020 noch nicht abgelaufen sind,

sind bis zum 30.4.2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen. Berechnet sich die Frist in Tagen, dann wird der 01.05.2020 nicht mitgezählt. Bei Wochenfristen zählt man die entsprechenden Wochen ab dem 01.05.2020 (hier wird der 01.05.2020 „mitgezählt“).

Davon ausgenommen sind jedoch Verfahren nach dem Epidemiegesetz.

Für folgende Fristen gelten Sonderregelungen:

  • verfahrenseinleitende Anträge und Verjährungsfristen: Hier beginnt die Frist mit 01.05.2020 nicht neu zu laufen, sondern läuft weiter, aber die Zeit zwischen 22.03. und 30.04.2020 wird nicht eingerechnet.
  • Entscheidungsfristen: Die Entscheidungsfrist verlängert sich grundsätzlich um 6 Wochen oder – wenn die Entscheidungsfrist kürzer ist - nur im Ausmaß dieser Entscheidungsfrist (Ausnahme: verfassungsgesetzliche Höchstfristen)
  • Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen: Für Anonymverfügungen und Organstrafverfügungen, die zwischen 22.03.2020 und 30.04.2020 ausgestellt wurden/werden, verlängert sich die Zahlfrist auf 6 bei Anonymverfügungen und 4 Wochen bei Organstrafverfügung.

 


(4. COVID-19-Gesetz, Art 5)

Bei außergewöhnlichen Verhältnissen kann der Gemeinderat seinen Beschluss auch im Umlaufweg oder via Videokonferenz fassen. Dafür bedarf es der einfachen Stimmmehrheit der Gemeinderatsmitglieder (außer es sind höhere Mehrheitserfordernisse vorgesehen).

 


(4. COVID-19-Gesetz, Art 32)

Fristen in Zivilverfahren,

  • deren fristauslösendes Ereignis ab dem 22.03.2020 fällt oder
  • die mit 22.03.2020 noch nicht abgelaufen sind,

sind bis zum 30.4.2020 unterbrochen. Sie beginnen mit 01.05.2020 neu zu laufen. Berechnet sich die Frist in Tagen, dann wird der 01.05.2020 nicht mitgezählt. Bei Wochen-, Monats- oder Jahresfristen zählt man die entsprechenden Wochen ab dem 01.05.2020 (hier wird der 01.05.2020 „mitgezählt“).

 


(4. COVID-19-Gesetz, Art 32)

In Strafsachen kann die Justizministerin für die Dauer der COVID-19-Maßnahmen nun weiters durch Verordnung anordnen, dass

1. Fristen ua.  

  • über/zu Beschwerden, Ermächtigung zur Strafverfolgung, Einspruch wegen Rechtsverletzung, Antrag auf Begründung der Einstellung des Ermittlungsverfahrens, Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens, Einspruch gegen die Anklageschrift, zur Wiederholung der Verhandlung wegen längerer Vertagung, Anmeldung, Einbringung und Gegenausführungen zur/der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, Hinterlegung von verfallenen, konfisziert oder eingezogen erklärten Vermögenswerten oder Gegenständen, Aufforderung zur Zahlung der rechtskräftigen Geldstrafe, Einspruch gegen ein Abwesenheitsurteil, Einspruch gegen die Strafverfügung und
  • sonstige von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht gesetzte Fristen

bis zum 30.04.2020 unterbrochen werden und mit 01.05.2020 neu zu laufen beginnen. Dies gilt nicht für Fristen in Verfahren, in denen der Beschuldigte in Haft ist. In Verfahren, in denen der Beschuldigte inhaftiert ist, beginnen die Fristen, die aufgrund einer solchen Verordnung bereits unterbrochen waren, mit 14.04.2020 neu zu laufen.

2. Haftverhandlungen nicht stattzufinden haben und die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft oder vorläufigen Anhaltung durch schriftlichen Beschluss ohne vorherige mündliche Verhandlung ergeht. Dies aber nur, soweit im Einzelfall eine Durchführung der Haftverhandlung per Videoübertragung nicht möglich ist.

 

Entsprechende Verordnungen wurden erlassen. Den aktuellen Stand finden Sie auf der Seite des Justizministeriums (siehe Verordnung Strafverfahren).

 


(4. COVID-19-Gesetz, III. Hauptstück)

Die Fristregelungen gelten nicht für das Insolvenzverfahren. Ab dem 22.03.2020 bereits unterbrochene Fristen beginnen mit 05.04.2020 wieder neu zu laufen.

Eine (angemessene) Verlängerung von insolvenzverfahrensrechtlichen Fristen ist aber durch das Insolvenzgericht möglich (amtswegig oder auf Antrag), jedoch max. um 90 Tage.

Ein Beschluss über die Verlängerung einer Frist ist in der Insolvenzdatei bekanntzumachen und ist nicht anfechtbar.

Die Verpflichtung des Schuldners, bei Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, besteht nicht bei einer zwischen 01.03.2020 und 30.06.2020 eingetretenen Überschuldung. Ist der Schuldner am 30.06.2020 überschuldet, hat er binnen 60 Tagen ab dem 30.06.2020 oder binnen 120 Tagen ab Eintritt der Überschuldung, je nachdem welcher Zeitraum später endet, einen Antrag auf Insolvenzverfahrenseröffnung zu stellen.

Bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist der Schuldner nach wie vor verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Daran ändert die genannte neue Regelung nichts!

Wurde im Insolvenzverfahren ein Zahlungsplan abgeschlossen und kann der Schuldner aufgrund der aktuellen Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen wurden, fällige Zahlungsplanverbindlichkeiten nicht erfüllen, kann er Stundung für max 9 Monate beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach Veröffentlichung und Einbeziehung der Gläubiger und veröffentlicht die Entscheidung in der Insolvenzdatei.


(4. COVID-19-Gesetz, Art 39)

Für Fristen für Anträge oder Erklärungen aus dem

  • Patentgesetz
  • Schutzzertifikatgesetz
  • Gebrauchsmustergesetz
  • Halbleiterschutzgesetz
  • Patentverträge-Einführungsgesetz
  • Markenschutzgesetz
  • Musterschutzgesetz

wird die Zeit ab 16.03.2020 bis inkl. 30.04.2020 nicht eingerechnet.

 

Diese Fristverlängerung gilt nicht für

  • EU-rechtliche Fristen
  • Rechtsmittelfristen (für Rechtsmittel an das OLG Wien und an den OGH)
  • behördliche Fristen

 

Durch Verordnung können dazu weitere Regelungen erlassen werden (zB weitere Verlängerung der Fristen oder Ausnahmen).

Diese Regelungen treten mit 31.12.2020 außer Kraft.