In diesem Newsletter haben wir uns für Sie das neue Transparenzpaket der Bundesregierung zum Arbeitsvertragsrecht im Detail angesehen und geprüft, was das für Unternehmen bedeutet und welche Maßnahmen zu ergreifen sind.


Der österreichische Gesetzgeber hat ein arbeitsrechtliches „Transparenzpaket“ beschlossen. Die Änderungen sollen mit Ende März/Anfang April 2024 in Kraft treten und betreffen folgende Themenbereiche:

  • Änderungen der Bestimmungen über den Dienstzettel samt Geldstrafen

  • Recht des Arbeitnehmers auf Mehrfachbeschäftigung

  • Verpflichtung des Arbeitgebers, Aus-, Fort- und Weiterbildungskosten zu übernehmen

  • Ausweitung des Benachteiligungsverbots und des Motivkündigungsschutzes

  • Ausweitung der „Begleitungskarenz“

WICHTIG: Es gibt Anpassungsbedarf für Dienstzettel (und damit auch für Dienstverträge), die ab dem Inkrafttreten der Änderungen abgeschlossen werden.

Hier die wichtigsten Neuerungen:


1. Dienstzettel (und ggf Dienstverträge)

1.1. Ergänzungen des Dienstzettels

Künftig müssen Dienstzettel neben den bisherigen Inhalten (§ 2 AVRAG) um folgende Inhalte ergänzt werden:

  • Hinweis auf das Kündigungsverfahren

  • Sitz des Unternehmens

  • kurze Beschreibung der Arbeitsleistung

  • gegebenenfalls Angabe über Vergütung von Überstunden

  • Art der Auszahlung des Entgelts

  • Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen

  • Sozialversicherungsträger

  • Dauer und Bedingungen der Probezeit

  • Informationen über Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen

  • Mindestangaben bei Auslandstätigkeit von mehr als einem Monat: zB die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, das nationale oder regionale Recht und ggf ein höheres Mindestentgelt im betreffenden Staat.

Änderungen der im Dienstzettel angeführten Inhalte sind unverzüglich, spätestens jedoch am Tag ihres Wirksamwerdens schriftlich dem Arbeitnehmer mitzuteilen (bisher: spätestens einen Monat nach ihrer Wirksamkeit).


1.2. Änderungsbedarf bei Dienstzettel für freie Dienstnehmer (§ 1164a ABGB)

Auch freie Dienstnehmer hatten bereits in der Vergangenheit einen Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzettels. Dieser muss künftig um die Informationen zum Sitz des Unternehmens, über die zu erbringende Arbeitsleistung, zur Art der Entgeltauszahlung, über den Sozialversicherungsträger (des freien Dienstnehmers) und um die Mindestangaben bei Auslandstätigkeiten ergänzt werden.


1.3. Dienstzettel bei kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen (< 1 Monat)

Bislang waren Arbeitsverhältnisse mit einer Dauer von unter einem Monat von der Verpflichtung zur Ausstellung eines Dienstzettels ausgenommen. Diese Ausnahme fällt weg. Dieser ist unabhängig von der Vertragsdauer auszustellen. Dies gilt auch für freie Dienstverträge. 


1.4. Papierform oder per E-Mail

Der Arbeitnehmer darf künftig wählen, ob er den Dienstzettel in Papierform oder per E-Mail erhalten möchte. Dies gilt auch für freie Dienstverträge.


1.5. Verwaltungsstrafen bei Nichtaushändigung und Bekanntgabe von Änderungen

Bei Nichtaushändigung eines Dienstzettels droht eine Geldstrafe von € 100,- bis € 436,-. Im Wiederholungsfall binnen 3 Jahren oder wenn mehr als 5 Arbeitnehmer betroffen sind, beträgt die Strafe € 500,- bis € 2.000,-. Dies gilt auch für freie Dienstverträge.

Bei nachträglicher Aushändigung des Dienstzettels kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei geringem Verschulden des Arbeitgebers (zB erstmaliger Verstoß) von einer Bestrafung absehen.


To-Do für Arbeitgeber

Von der Novelle sind Angestellte und Arbeiter sowie freie Dienstnehmer gleichermaßen betroffen. 

Arbeitgeber haben den Arbeitnehmern unverzüglich nach Beginn des (freien) Dienstverhältnisses einen Dienstzettel über die wesentlichen Rechte und Pflichten auszuhändigen. Da die bisherigen Dienstzettel die neu geforderten Ergänzungen vermutlich nicht enthalten, bedarf es der Anpassung der bisher ggf verwendeten Muster-Dienstzettel.

Auf Dienstzettel kann verzichtet werden, sofern ein schriftlicher Dienstvertrag mit den notwendigen Inhalten eines Dienstzettels ausgestellt wird. Werden daher „nur“ Dienstverträge ausgestellt, müssen neu abgeschlossene Dienstverträge um die neu geforderten Inhalte eines Dienstzettels ergänzt werden.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Anpassung Ihrer Vertragsmuster. 


Bisher fehlte eine gesetzliche Regelung, dass dem Arbeitnehmer ein Recht auf Nebenbeschäftigung zukommt. Dies ergab sich bislang aus der Rechtsprechung (zB OGH 9ObA 15/93, 17.3.1993). Das Recht auf Mehrfachbeschäftigung wird nun gesetzlich festgehalten. 

Der Arbeitgeber kann dennoch die Unterlassung der Nebenbeschäftigung fordern, wenn diese

  • mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar ist (der Arbeitgeber ist weiterhin verantwortlich, dass die Höchstgrenzen der Arbeitszeit nicht überschritten werden!), oder 

  • der Verwendung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist. 

Was bedeutet dies für Arbeitgeber?

Das (arbeitsvertragliche) Verbot einer Nebenbeschäftigung ist unzulässig. Da Ihnen jedoch das Recht zukommt, die Unterlassung der Nebenbeschäftigung aus den oben genannten Gründen zu fordern, empfiehlt sich die Vereinbarung einer Meldepflicht (keine Genehmigungspflicht) des Arbeitnehmers bei Aufnahme einer Nebenbeschäftigung, auch um die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben einhalten zu können.


Ist aufgrund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, Kollektivverträge oder Dienstverträge eine Weiter-, Aus- und Fortbildung des Arbeitnehmers notwendig, so 

  • ist die Teilnahme an diesen als Arbeitszeit zu qualifizieren (dies kann auch Auswirkungen auf Ruhezeiten sowie Mehr- und Überstundenabgeltung haben) und

  • sind die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen (außer bei Kostentragung durch Dritte, zB AMS).

Freiwillige Weiterbildungsmaßnahmen sind ausgenommen.


Arbeitnehmer dürfen nicht wegen der Geltendmachung ihrer Rechte auf Ausstellung ihres Dienstzettels, zur Mehrfachbeschäftigung und zu Weiter-, Aus- und Fortbildungszeiten gekündigt oder entlassen werden oder auf sonstige Weise benachteiligt werden. In diesem Kontext kann der Arbeitnehmer binnen 5 Tagen ab Zugang der Kündigung eine schriftliche Kündigungsbegründung verlangen.

Was bedeutet dies für Arbeitgeber?

Die Arbeitnehmerrechte werden in Bezug auf Dienstzettel, Mehrfachbeschäftigung und Weiter-, Aus- und Fortbildungszeit gestärkt. Arbeitnehmer können bei einer in diesem Kontext ergangenen Arbeitgeberkündigung eine Begründung verlangen. Die Nicht-Abgabe führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Wahrscheinlichkeit der Anfechtung wegen einer Motivkündigung erhöht sich jedoch.


Der Anspruch auf Dienstfreistellung für Eltern, die ihre Kinder während einer stationären Rehabilitation betreuen müssen, soll um drei Einrichtungen der Länder für Kinder-Rehabilitation erweitert werden. Bisher waren es nur Einrichtungen der Sozialversicherungsträger.