In diesem Newsletter informieren wir über die Neuigkeiten, die uns im Jahr 2024 erwarten. So wird mit der „Flexiblen Kapitalgesellschaft“ eine insbesondere für Jungunternehmen attraktive Alternative zur GmbH und AG geschaffen. Darüber und über weitere gesetzliche Änderungen und spannende Entscheidungen aus verschiedenen Rechtsbereichen berichten wir in diesem Newsletter. 


1. Seminarankündigungen

1.1. Arbeitsrecht für Führungskräfte

Am 10.09.2024 hält Frau Mag. Unger wieder das Fachseminar „Arbeitsrecht für Führungskräfte“ im Hilton Vienna Plaza Wien.

Sie behandelt aktuelle arbeitsrechtliche Themen, Beginn und Beendigung von Dienstverhältnissen, Entgelt- und Lohndumping, Arbeitszeit und Arbeitsruhe rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Urlauben und Krankenständen, Homeoffice uvm.

Weitere Details finden Sie hier:

https://www.weka-akademie.at/arbeitsrecht-fur-fuhrungskrafte/


1.2. Zahlungsverkehr, Zahlungsdienste, Zahlungskonto

Am 18.04.2024 und am 22.10.2024 findet das Fachseminar "Zahlungsverkehr, Zahlungsdienste, Zahlungskonto! Aktuelle Regulatorik und Zivilrecht! – Aktuelle Judikatur des EuGH und des OGH" statt.

Frau Mag. Unger trägt zu den zivilrechtlichen Aspekten des unbaren Zahlungsverkehrs, insbesondere zur aktuellen Judikatur zum ZaDiG 2018 sowie zu Banken-AGB vor und verschafft einen praxisbezogenen Überblick für die Gestaltung der Verträge und AGB für Zahlungsdienstleister.

Nähere Informationen finden Sie unter:

https://www.finanzverlag.at/events/zahlungsverkehr-zahlungsdienste-zahlungskonto/

 


1.3. Austrian Payments Academy/APAc – Grundkurse 2024

Die APAc (Austrian Payment Academy) ist ein seit 2023 bestehendes neues Ausbildungsangebot für alle, die im Zahlungsverkehr tätig sind, Verantwortung tragen oder durch ihr Berufsbild einen umfassenden Einblick in die technologiegetriebene dynamische Payment Branche erhalten möchten.

Zweimal jährlich finden Grundkurse mit je 8 Modulen statt, in den die wesentlichen Fachthemen im Zahlungsverkehr vermittelt werden.

Frau Mag Unger trägt das Modul IV „Legal, Compliance“ vor und erläutert die rechtlichen Rahmenbedingungen des Zahlungsverkehrs. Der nächste Grundkurs findet von 27.02. bis 21.03.2024 statt. Nähere Informationen finden Sie unter https://paymentacademy.at/angebot.


Am 21.11.2023 erschien das Handbuch „Zahlungsverkehr 4.0 – FinTechs – Krypto Assets – Sandbox & Co“ im Linde Verlag. In diesem umfangreichen Werk werden praktische und rechtliche Themen, die gegenwärtig und zukünftig für den Zahlungsverkehr von Bedeutung sind, behandelt. Weitere Details finden Sie hier: Handbuch Zahlungsverkehr 4.0 

Frau Mag. Unger verfasste gemeinsam mit Frau Dr Valeska Grond-Szucsich das Kapitel 12 „Verbraucherbestimmungen im ZaDiG 2018“. Darin setzt sie sich umfangreich mit dem Verbraucherbegriff, Entgelten, Vertragsänderungen und Zustimmungsfiktion sowie Vertragsbeendigung von Rahmenverträgen im Rahmen des ZaDiG 2018 auseinander. Literatur und Judikatur sind umfassend dargestellt.


Durch die Einführung des Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2023 (GesRÄG 2023) traten mit 01.01.2024 bedeutende Neuerungen im Gesellschaftsrecht in Kraft. Mit diesem Gesetz wurde das Flexible-Kapitalgesellschaftsgesetz erlassen sowie Änderungen in mehreren Bundesgesetzen vorgenommen.

3.1. Flexible Kapitalgesellschaft (FlexKapG = FlexCo)

Mit dem neuen Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft oder Flexible Company (FlexkapGG, BGBl I 179/2023 – abrufbar unter: FlexKapGG) wird eine neue Kapitalgesellschaft eingeführt. Das Ziel ist, innovativen Startups und Gründern in der Anfangsphase eine international wettbewerbsfähige Alternative zu den bisherigen Gesellschaftsformen zu bieten.

Die FlexKapG stellt eine Hybridform zwischen GmbH und Aktiengesellschaft dar. So baut diese auf dem GmbH-Gesetz auf, sieht aber auch Gestaltungsmöglichkeiten vor, die einer Aktiengesellschaft vorbehalten sind. Aufgrund eines Generalverweises in § 1 Abs 2 FlexKapG sind die Regelungen des GmbHG insoweit anzuwenden, als das FlexKapGG keine abweichenden Bestimmungen vorsieht.

 

Die wesentlichen Neuerungen im Überblick (die Paragrafenangaben beziehen sich – mangels anderweitiger Anführung - auf das FlexKapG):

 

Mindestbetrag für Stammeinlagen (§ 3)

Dieser soll nunmehr lediglich EUR 1,00 – anstatt wie bisher bei der GmbH EUR 70,00 betragen. Damit sind sehr geringe Beteiligungen möglich.

 

Einzahlungen auf die Stammeinlagen (§ 5)

Da die Stammeinlage der Gesellschafter nur EUR 1,00 beträgt, beträgt auch die darauf zu leistende Einzahlung mindestens EUR 1,00.

 

Schriftliche Abstimmungen - Umlaufbeschluss (§ 7)

Laut § 34 GmbHG ist eine schriftliche Beschlussfassung der Gesellschafter (Umlaufbeschluss) nur zulässig, wenn sämtliche Gesellschafter zustimmen. Bei der GmbH kann das Erfordernis der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter nicht abbedungen werden. Bei der FlexKapG darf durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag vom Einverständnis aller Gesellschafter abgewichen werden. 

Wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, reicht für eine gültige Beschlussfassung aus, dass allen stimmberechtigten Gesellschafter möglich ist, sich an der betreffenden Abstimmung zu beteiligen. Für die Ermittlung des Beschlussergebnisses ist aber die Gesamtzahl der allen Gesellschaftern zustehenden Stimmen relevant.

 

Erwerb von Unternehmenswert-Anteilen (§ 9)

Ein Herzstück des FlexKapGG ist die Möglichkeit zur Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen. So können etwa MitarbeiterInnen korporativ am Unternehmen beteiligt werden. Es handelt sich dabei um eine Teilhabe am „Substanzwert“ und am Gewinn des Unternehmens. Das Ausmaß der Unternehmenswert-Anteilen darf max 25% des Stammkapitals erreichen. Die Stammeinlagen der einzelnen Unternehmenswert-Beteiligten und der geringste Nennbetrag bei Stückanteilen müssen lediglich 1 Cent betragen. Voraussetzung ist, dass der Gesellschaftsvertrag eine solche Regelung vorsieht.

Am Unternehmenswert-Beteiligte haben keine Stimmrechte. Sie tragen dafür aber ein geringeres wirtschaftliches Risiko, da sie weder eine Ausfallshaftung noch eine Nachschusspflicht trifft.

Am Unternehmenswert-Beteiligte müssen nicht individuell ins Firmenbuch, das öffentliche eingesehen werden kann, eingetragen werden. Hinweis: die Summe der Stammeinlagen sowie die darauf geleisteten Einlagen aller Unternehmenswert-Anteile sind sehr wohl im Firmenbuch einzutragen.

 

Mitverkaufsrecht der Unternehmenswert-Beteiligten (§ 10)

Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Ausgabe von Unternehmenswert-Anteilen vor, so hat er auch ein Mitverkaufsrecht für Unternehmenswert-Beteiligte für den Fall, dass die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitliche veräußern, vorzusehen. Im Gesellschaftsvertrag können weitere Mitverkaufsfälle vorgesehen werden.

Im Gesellschaftsvertrag sind die Gründungsgesellschafter festzulegen. Dabei muss es sich um einen oder mehrere Gesellschafter handeln, die die zum Zeitpunkt der Einräumung der Unternehmenswertanteile über eine Mehrheit des Stammkapitals der Gesellschaft verfügen. Wenn Gründungsgesellschafter die Geschäftsanteile mehrheitlich an eine oder mehrere Dritte verkaufen, so haben sie dafür zu sorgen und zu garantieren, dass die Erwerber auch den Unternehmenswert-Beteiligten den Erwerb ihrer Anteile – entsprechend der Höhe ihrer jeweils eingezahlten Stammeinlagen – zum gleichen Preis und zu gleichen Konditionen anbieten.

 

Besondere Regelungen für Unternehmenswert-Anteile von MitarbeiterInnen (§ 11)

Die Gesellschaft hat MitarbeiterInnen, vor der erstmaligen Übernahme oder dem Erwerb eines Unternehmenswert-Anteils über die Natur des Unternehmenswert-Anteils und die wesentlichen Punkte des Gesellschaftsvertrages in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu belehren (zB Voraussetzungen für den Erwerb und die Veräußerungsmöglichkeiten sowie steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen). Diese Belehrung ist zwei Wochen vor Zeichnung oder Übernahme des Unternehmenswert-Anteils als Information auszuhändigen. Dies soll eine wohlinformierte Entscheidung des Mitarbeiters sicherstellen.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben die MitarbeiterInnen die Möglichkeit, die korporative Verbindung mit der Gesellschaft zu beenden. Der Gesellschafsvertrag hat festzulegen, an wen und zu welchen Konditionen die Unternehmenswert-Anteile verkauft werden können.

 

Kein Notariatsakt bei Anteilsübertragungen und Übernahmeerklärungen (§ 12)

Für die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH bedarf es eines Notariatsaktes. Das gilt ebenfalls für Übernahmeerklärungen. Bei der FlexKapG können Anteilsübertragungen und Übernahmeerklärungen (auch) derart erfolgen, dass ein Notar oder Rechtsanwalt eine (Privat)-Urkunde errichtet. Da Notaren/Rechtsanwälten als Ersatz für den Notariatsakt umfassende Aufklärungspflichten auferlegt werden, wird dies als „Formpflicht sui generis“ bezeichnet.

Mit dieser Bestimmung soll eine flexible Anteilsvergabe an Investoren mit minimalen Behördenwegen ermöglicht werden. Die Bestimmung enthält aber eine wesentliche Einschränkung, da Notare oder Rechtsanwälte keine Urkunden über Anteilsübertragungen oder Übernahmeerklärungen errichten dürfen, in denen sie „selbst beteiligt“ sind. Das soll nicht nur bei Tätigwerden in eigener Sache, sondern etwa auch dann gelten, wenn der Notar oder Rechtsanwalt als Vollmachtnehmer, gesetzlicher Vertreter oder Treuhänder in der betreffenden Sache einschreitet. 

 

Erwerb von unterschiedlichen Gattungen von Geschäftsanteilen (§ 13)

Ein Gesellschafter soll auch Geschäftsanteile verschiedener Gattungen (etwa in verschiedenen Finanzierungsrunden) erwerben können. Neben dem Geschäftsanteil sind etwa auch Unternehmenswert-Anteile möglich (siehe bereits oben).

 

Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft (§ 15)

§ 81 GmbHG verbietet grundsätzlich den Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft. Bei der FlexKapG ist unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Erwerb eigener Geschäftsanteile zulässig.


3.2. Änderungen im GmbHG

Durch das GesRÄG 2023 wir das Mindeststammkapital der GmbH von EUR 35.000,00 auf EUR 10.000,00 abgesenkt. Konsequenterweise wird auch der mindestens einzuzahlende Betrag auf EUR 5.000,00 reduziert. 

Diese Änderungen machen die bislang häufig in Anspruch genommene Gründungsprivilegierung (derzeit rund 32.000 Gesellschaften) obsolet. Bereits bestehende gründungsprivilegierte Gesellschaften, können diese aber weiterhin „behalten“. Die Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung bleibt im Firmenbuch eingetragen.

Es kommt aber nicht mehr zur Beendigung der Gründungsprivilegierung durch Zeitablauf (laut § 10b Abs 5 GmbHG erfolgte diese spätestens nach 10 Jahren). Der Gesetzgeber hat das Ziel, die Gründungsprivilegierung mittelfristig zu beenden. So gilt ab 01.01.2025 eine Eintragungssperre für geänderte Gesellschaftsverträge im Firmenbuch, die keine Beendigung der Gründungsprivilegierung umfassen.


Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, Missbrauch anvertrauter Vorlagen – höhere Strafdrohungen

Gem § 11 UWG und § 12 UWG (= Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist zu bestrafen,

  • wer als Bediensteter eines Unternehmens Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm im Zuge des Dienstverhältnisses anvertraut oder sonst zugänglich gemacht, während aufrechtem Dienstverhältnis anderen zum Zwecke des Wettbewerbs mitteilt oder

  • jedermann, der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse auf die obige Weise mitgeteilt bekommt, oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßende eigene Handlung erlangt hat und zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt verwertet oder anderen mitteilt.

  • wer die ihm im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen oder Vorschriften technischer Art zu Zwecke des Wettbewerbs unbefugt verwertet oder anderen mitteilt. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Vorlagen dem Bediensteten vom Inhaber des Unternehmens anvertraut wurden.

Um einen besseren Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu erreichen, wurden die Strafandrohungen zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen deutlich angehoben. Vor 01.09.2023 betrug die Strafdrohung noch 3 Monate. Durch die Novelle ist ab 01.09.2023 eine Strafdrohung von bis zu 1 Jahr vorgesehen.

 

Zudem sind die Landesgerichte zuständig, zuvor waren es die Bezirksgerichte. Zusätzlich wurden die beiden Straftatbestände von Privatanklage- zu Ermächtigungsdelikten umgestaltet. Sofern der Geschädigte der Staatsanwaltschaft eine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt, obliegt es dieser, die Ermittlungen einzuleiten und Anklage zu erheben. Den Geschädigten trifft nunmehr nicht mehr das Kostenrisiko einer Privatanklage. 


Das neue ORF-Änderungspaket wurde am 08.09.2023 veröffentlicht (BGBl I 112/2023 – abrufbar unter: BGBl I 112/2023 . Damit wurden Änderungen im ORF-Gesetz (kurz: ORF-G) vorgenommen sowie zur Neuregelung der Finanzierung des ORF das neue ORF-Beitrags-Gesetz 2024 eingeführt.

Der Gesetzgeber entschied sich zur Finanzierung den ORF-Beitrag (die sog. „Haushaltsabgabe“) einzuführen. Dieser ersetzt ab 01.01.2024 die bisherige GIS-Gebühr. Der ORF-Beitrag wird pro Hauptwohnsitz eingehoben und beträgt € 15,30 pro Monat. Dazu kommen ggf noch Länderabgaben in unterschiedlicher Höhe. Die Bundesländer Wien, NÖ, OÖ, Salzburg und Vorarlberg heben keine Landesabgabe ein. Unter bestimmten Umständen ist eine Befreiung vom ORF-Beitrag möglich. Dies trifft etwa auf Lehrlinge sowie Bezieher von Studien-/Schülerbeihilfe, Pflegegeld, Pension oder Arbeitslosenentgelt zu.


6.1. Neuerungen zur Elternkarenz, Elternteilzeit, Pflegefreistellung und zum Familienzeitbonus

Am 20.09.2023 beschloss der Nationalrat eine Novelle mit Änderungen ua zur Elternkarenz, Elternteilzeit, Pflegefreistellung und zum Familienzeitbonus. Diese trat mit 01.11.2023 in Kraft. Damit wird das österreichische Recht an die Vorgaben der EU-Richtlinie (2019/1158) zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (abrufbar unter: RL (2019/1158)) angepasst.

 

6.1.1. Änderungen im Mutterschutzgesetz (MSchG) und Väter-Karenzgesetz (VKG)

Die Änderungen zur Elternkarenz und Elternteilzeit sind ab 01.11.2023 auf Eltern anzuwenden,

  • deren Kinder geboren (adoptiert oder in Pflege übernommen) werden und 

  • die die Absicht auf Elternteilzeit ihrem Dienstgeber bekannt geben.

 

Ausmaß der Elternkarenz – 22 Monate (statt 24 Monate)

Künftig kann ein Elternteil nur mehr dann bis zum vollendeten 2. Lebensjahr des im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes in Karenz gehen (= 24 Monate, volle Karenzdauer), wenn beide Elternteile mindestens 2 Monate Karenz in Anspruch nehmen. Der Karenzanspruch eines Elternteils wird somit um 2 Monate gekürzt, wenn der andere nicht in Karenz geht, und endet, wenn das 22. Lebensmonat des Kindes abgelaufen ist. 

Ausgenommen sind jene Elternteile, die im Zeitpunkt der Karenzanmeldung als alleinerziehend gemeldet waren. Dem Dienstgeber ist eine schriftliche Bestätigung zu übermitteln. Ohne eine schriftliche Bestätigung kann der Dienstgeber 22 Monate nach der Geburt des Kindes den Dienstnehmer zum Dienstantritt verpflichten. Wenn der Dienstgeber in diesem Fall die volle Karenzdauer dennoch genehmigt, liegt eine vertraglich vereinbarte Karenzierung vor.

 

Aufgeschobene Karenz und Motivkündigungsschutz

Bei der „aufgeschobenen Karenz“ können beide Elternteile jeweils 3 Monate der Karenz aufheben und bis zum 7. Lebensjahr des Kindes verbrauchen. Der Dienstnehmer hat dem Dienstgeber seine Absicht, die Karenz aufzuschieben, und den Beginn des aufgeschobenen Karenzteils mitzuteilen. Kommt binnen 2 Wochen keine Einigung zustande, ist der Dienstgeber verpflichtet, dem Dienstnehmer die Ablehnung schriftlich zu begründen.

Eine Kündigung iZm einer beabsichtigten oder tatsächlich geltend gemachten aufgeschobenen Karenz kann als motivwidrige Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht (ASG) angefochten werden. Der Dienstnehmer hat das Recht, innerhalb von 5 Tagen ab Erhalt der Kündigung eine schriftliche Begründung zu verlangen. Der Dienstgeber hat diese binnen 5 Tagen ab Verlangen auszustellen. Wird keine schriftliche Begründung übermittelt, ist die Kündigung dennoch rechtswirksam. Diese kann angefochten werden.

Dauer der Elternteilzeit und Motivkündigungsschutz

Die Elternteilzeit ist nun bis zum Ablauf des 8. Lebensjahres des Kindes möglich (Rahmenzeitraum). Das Ausmaß beträgt höchstens 7 Jahre innerhalb dieses Zeitrahmens:

  • Abgezogen werden die Karenzzeiten für dasselbe Kind sowie die Zeit des Beschäftigungsverbotes

  • Hineingerechnet wird der Zeitraum zwischen dem 7. Lebensjahr und einem allfälligen späteren Schuleintritt des Kindes.

     

Der Dienstgeber muss eine Ablehnung der begehrten (zu vereinbarenden) Elternteilzeitbeschäftigung schriftlich begründen.

Der besondere Kündigungsschutz bei Elternteilzeit bleibt unverändert max bis zum Ablauf des 4. Lebensjahres des Kindes. Danach kann eine Dienstgeberkündigung wegen der Elternteilzeitbeschäftigung beim ASG angefochten werden (Motivkündigungsschutz). NEU ist, dass der Dienstnehmer innerhalb von 5 Tagen ab Erhalt der Kündigung eine schriftliche Begründung verlangen kann. Der Dienstgeber muss diese binnen 5 Tagen ab dem Verlangen ausstellen. Wird keine schriftliche Begründung übermittelt, ist die Kündigung dennoch rechtswirksam, kann aber angefochten werden.

 

6.1.2. Änderungen im Urlaubsgesetz - Pflegefreistellung (§ 16 UrlG)

„Nahen Angehörigen“ ist auch dann eine Pflegefreistellung genehmigt werden, wenn sie nichtin einem gemeinsamen Haushalt mit der erkrankten Person leben. Weiters wird der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert, denn auch Personen, die keine Angehörigen sind, aber im gemeinsamen Haushalt leben, haben Anspruch auf Pflegefreistellung.

Auch hier wird Motivkündigungsschutz erweitert. Der Dienstnehmer kann innerhalb von 5 Tagen ab Erhalt der Dienstgeberkündigung eine schriftliche Begründung der Kündigung verlangen. Der Dienstgeber muss diese binnen 5 Tagen ab dem Verlangen ausstellen. Wird keine schriftliche Begründung übermittelt, ist die Kündigung dennoch rechtswirksam, kann aber angefochten werden.

 

6.1.3. Änderungen im AVRAG - Betreuungsteilzeit, Familienhospizkarenz und -teilzeit, Pflegekarenz und -teilzeit

Der Dienstgeber muss künftig eine sachliche und schriftliche Begründung abgeben, wenn der Dienstnehmer

  • einen Antrag auf Arbeitszeitverminderung (Herabsetzung der Normalarbeitszeit) stellt, um einen nahen Angehörigen zu oder 

  • einen Antrag auf Pflegekarenz oder -teilzeit stellt

und der Dienstgeber diesen Antrag ablehnt oder aufschiebt. Es sind allerdings keine Sanktionen vorgesehen, wenn die Ablehnung ohne eine schriftliche Begründung durch den Dienstgeber erfolgt ist.

Eine weitere Neuerung betrifft den Anspruch auf Familienhospizkarenzund -teilzeit (Begleitung von schwersterkrankten Kindern). Auch jene Elternteile, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem schwersterkrankten Kind leben (zB nach Scheidung), sollen künftig anspruchsberechtigt sein.

Kündigt der Dienstgeber iZm Betreuungsteilzeit, Pflegekarenz/-teilzeit, Familienhospizkarenz/-teilzeit, kann der Dienstnehmer innerhalb von 5 Tagen ab Erhalt der Kündigung eine schriftliche Begründung verlangen. Der Dienstgeber hat diese binnen 5 Tagen ab Verlangen auszustellen. Ohne einer schriftlichen Kündigungsbegründung ist die Kündigung dennoch rechtswirksam, kann aber angefochten werden.

 

6.1.4. Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) – Ausweitung des Diskriminierungsschutzes

Das GlBG wird auch auf Diskriminierungen aufgrund von

  • Elternkarenz, Elternteilzeit, Vaterschaftsurlaub,

  • Freistellung oder dringenden familiären Dienstverhinderungen infolge Erkrankung oder Unfall (§ 8 Abs 3 AngG, § 1154b Abs 5 ABGB),

  • Pflegefreistellung und

  • Betreuungsteilzeit, Familienhospizkarenz, Familienhospizteilzeit, Pflegekarenz und Pflegeteilzeit (§ 14 Abs 1 Z 2 - §14d AVRAG)

angewendet; dies auch dann, wenn der Diskriminierungsgrund des Geschlechts nicht vorliegt.

 

6.1.5. Änderungen im Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBBG)

Eine bis zu 14 Tage (bisher: 10 Tage) verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes schadet dem Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nicht.

Ist zudem ein Elternteil aufgrund eines unabwendbaren und unvorhersehbaren Ereignisses, dessen Dauer den Wegfall des gemeinsamen Haushaltes mit dem Kind bewirkt, am Bezug des Kinderbetreuungsgeldes für dieses Kind verhindert, so soll sich die Bezugsdauer des anderen Elternteiles im Zeitraum der Verhinderung auf Antrag um die Anzahl der Verhinderungstage, max um 61 Tage, verlängern.

 

6.1.6. Änderungen im Familienzeitbonusgesetz (FamZeitbG)

Die finanzielle Leistung für den Familienzeitbonus („Papamonat“) hat sich auf € 47,82/Tag erhöht werden. Dies gilt für Geburten ab dem 01.08.2023. Der Antrag auf Familienzeitbonus muss binnen 121 Tagen (bisher: 91 Tagen) ab dem Tag der Geburt des Kindes gestellt werden. Die Anspruchsdauer kann binnen 182 Tagen ab der Geburt des Kindes einmalig geändert werden.

 

6.1.7. Ablaufhemmung von Verjährungs- und Verfallsfristen

Folgende Zeiten hemmen gesetzliche, kollektivvertragliche und dienstvertragliche Verjährungs- und Verfallsfristen:

  • Karenz (§ 15f Abs 1a MSchG, § 7d VKG),

  • Pflegefreistellung (§ 18a UrlG),

  • Zeit der Dienstverhinderung gem § 8 Abs 3 AngG bzw § 1154b Abs 5 ABGB wegen Krankheit oder Unfall eines nahen Angehörigen (§ 9a AngG, § 1154b Abs 7 ABGB) sowie

  • Teilzeit oder Freistellung zur Sterbebegleitung gem §14a AVRAG oder zur Begleitung schwersterkrankter Kinder gem § 14b AVRAG (Familienhospizteilzeit bzw Familienhospizkarenz) (§ 16a AVRAG) und

  • Pflegekarenz gem § 14c AVRAG (§ 16a AVRAG).

Die neue Verjährungs- und Verfallsfristenablaufhemmung gilt für jene Ansprüche, die zu Beginn der oben erwähnten Zeiten bereits erworben worden sind. Die Hemmung dauert bis 2 Wochen nach Beendigung der erwähnten Zeiten (zB Karenzende).


6.2. Sozialrechts-Änderungsgesetz

Mit dem 01.01.2024 ist das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2023 (SRÄG 2023, BGBl. I 2023/189 – abrufbar unter: SRÄG 2023) in Kraft getreten. Es sieht kleinere Änderungen in mehreren Gesetzen vor, darunter ASVG, GSVG, AZG und AlVG, welche Neuerungen in den Bereichen Teilzeit, Altersteilzeit und Pension mit sich bringen.

 

6.2.1. Änderungen bei Teilzeitbeschäftigung

Gem § 19d Abs 2a AZG waren Arbeitgeber schon bisher verpflichtet, ihre Teilzeitarbeitnehmer zu informieren, wenn im Betrieb Arbeitsplätze frei werden, die zu einem höheren Arbeitsausmaß führen. Diese Informationspflicht wird durch das SRÄG 2023 auch auf neu hinzukommende Arbeitsplätze ausgedehnt, sowohl auf bereits geschaffene, aber noch unbesetzte Arbeitsplätze, als auch auf in Zukunft neu zu schaffende. Die Information muss zu keinem bestimmten Zeitpunkt erfolgen, aber so rechtzeitig, dass sich die Teilzeitbeschäftigen noch um die Vollzeitstelle bewerben könne

Bei Nichteinhaltung droht die bereits bestehende Strafe des § 28 Abs 1 Z 6 AZG, der eine Geldstrafe von EUR 20,00 bis 436,00 vorsieht, sowie ein neu hinzugekommener pauschalierter Schadenersatzanspruch in Höhe von EUR 100,00 (§ 19d Abs 2b AZG).

Abweichende Regelungen durch Kollektivvertrag zu Höhe und Voraussetzungen des pauschalierten Schadenersatzanspruches sind zulässig. 

 

6.2.2. Änderungen beim Altersteilzeitgeld

Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Altersteilzeitgeldes ist bisher eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung von 15 Jahren in den letzten 25 Jahren vor Geltendmachung des Anspruchs (§ 27 Abs 2 Z 1 AlVG).

Die Rahmenfrist von 25 Jahren wird nunmehr um versicherungsfreie Zeiten wegen Kinderbetreuung bis zum 15. Lebensjahr des Kindes verlängert. Ab dem 01.07.2024 wird diese Rahmenfrist auch um die Zeiträume einer selbständigen Beschäftigung erstreckt. Dadurch wird Personen, die über längere Zeit hinweg nach dem GSVG versichert waren, der Zugang zum Altersteilzeitgeld ermöglicht, da auf Versicherungszeiten vor der Selbständigkeit zurückgegriffen wer-den kann. 

Die 15 Jahre Versicherungszeit müssen jedoch in jedem Fall erfüllt sein. 

 

6.2.3. Änderungen für erwerbstätige Pensionisten – Wegfall der PV-Dienstnehmerbeiträge

Als Anreiz für eine Erwerbstätigkeit neben dem Pensionsbezug übernimmt der Bund einen Teil des Dienstnehmerbeitrages zur Pensionsversicherung. Die Übernahme des PV-Dienstnehmerbeitrages erstreckt sich auf höchstens 10,25 % der doppelten Geringfügigkeitsgrenze. Im Jahr 2024 sind das bis zu EUR 106,28. Die versicherte Person erhält dadurch einen höheren Auszahlungsbetrag. 

Sofern neben dem Pensionsbezug mehrere Pflichtversicherungen für denselben Versicherten vorliegen, erfolgt die Betragsübernahme maximal bis zu dem oben genannten Betrag von 10,25 % der doppelten Geringfügigkeitsgrenze. Etwaige, durch die Beitragsübernahme nicht entrichtete Beitragsteile, sind von der versicherten Person zu begleichen. Diese werden vom zuständigen Versicherungsträger vorgeschrieben.

Die Beitragsübernahme betrifft sowohl Versicherte nach ASVG, GSVG und BSVG. 

Die Änderung ist seit dem 01.01.2024 in Kraft und soll vorerst bis Ende 2025 gelten.

 

6.2.4. Erhöhter Pensionsbonus bei längerem Arbeiten

Bleibt ein Versicherter länger als bis zum Regelpensionsalter im Erwerbsleben, gebührte ihm bis zum 31.12.2023 ein Zuschlag von 4,2% je 12 Monaten, die er die Pension nicht in Anspruch nimmt (§ 261c ASVG). Ab 01.01.2024 wir dieser Zuschlag auf 0,425 %/Monat bzw 5,1 %/Jahr Pensionsaufschub angehoben. Damit soll ein späterer Pensionsantritt gefördert werden.


6.3. Entgelttransparenz für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit

Mit 06.06.2023 trat die EU-Entgelttransparenzrichtlinie (RL 2023/970 – abrufbar unter: EUR LEX RL 2023/970 ) in Kraft. Im Wesentlichen wird das Ziel des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit und der Transparenz der Entlohnung verfolgt. Die Mitgliedstaaten haben diese Richtlinie bis zum 07.06.2026 umzusetzen.

 

Um was geht es?

Die Richtlinie enthält Mindestanforderungen zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit für Männer und Frauen. Sie gilt für Arbeitgeber im öffentlichen und privaten Sektor und gilt für alle Arbeitnehmer, die einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Beschäftigungsverhältnis stehen.

Gleiche Arbeit und gleichwertige Arbeit

Nach den Vorgaben der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Arbeitgeber über Vergütungsstrukturen verfügen, durch die gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gewährleistet wird.

 

Entgelttransparenz vor der Beschäftigung

Stellenbewerber haben das Recht, vom künftigen Arbeitgeber über das Einstiegsentgelt oder die Entgeltspanne für die betreffende Stelle und die einschlägigen Kollektivverträge informiert zu werden. Diese Informationen sind in einer Weise bereitzustellen, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt gewährleistet werden (zB in einer Stellenausschreibung). 

Der Arbeitgeber darf Bewerber nicht nach ihrer Entgeltentwicklung in ihren laufenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen befragen.

Arbeitgeber haben sicherzustellen, dass die Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral sind und Einstellungsverfahren auf nichtdiskriminierende Weise geführt werden.

 

Transparenz bei Entgeltfestlegung

Arbeitgeber haben ihre Arbeitnehmer in leicht zugänglicher Weise darüber zu informieren, welche Kriterien für die Festlegung ihres Entgelts, ihrer Entgelthöhen und ihrer Entgeltentwicklung verwendet werden. Diese Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein.

 

Entgelttransparenz (Auskunftsrecht) während aufrechtem Arbeitsverhältnis

Arbeitnehmer haben das Recht auf Information über ihre individuelle Entgelthöhe und über die nach Geschlecht aufgeschlüsselte durchschnittliche Entgelthöhe von Arbeitnehmern, die gleiche Arbeit wie sie oder gleichwertige Arbeit verrichten.

Der Arbeitgeber hat diese Informationspflicht in schriftlicher Form zu erfüllen. Zudem hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer über dieses Auskunftsrecht jährlich zu informieren. 

Künftig gibt es eine Pflicht zur Berichterstattung über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab 100 Arbeitnehmern. 

 

„Gemeinsame Entgeltbewertung“

Unterliegen Arbeitgeber der Berichterstattung, ist eine „Gemeinsame Entgeltbewertung“ vorzunehmen, wenn bei der durchschnittlichen Entgelthöhe ein Unterschied von mindestens 5% bei einer Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, vorliegt und diese Entgeltunterschiede nicht aufgrund objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien gerechtfertigt sind.

 

Rechtsfolgen und Beweislastumkehr

Diskriminierte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Schadenersatz und zudem sollen Arbeitgeber auf Unterlassung angeordnet werden können. 

Die Entgelttransparenz-Richtlinie sieht eine Beweislastumkehr bei Vermutung einer Diskriminierung vor. Arbeitgeber (als Beklagte) müssen den Nachweis erbringen, dass keine unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung vorliegt, sofern sich Arbeitnehmer durch die Nichtanwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts in ihren Rechten für verletzt halten.


Am 30.12.2023 wurde das Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (kurz: 3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 3.MILG) im BGBl I 176/2023 – abrufbar unter: BGBl I 176/2023 veröffentlicht.

Das umgangssprachlich als „Mietpreisdeckel“ bezeichnete Gesetz trat mit 31.12.2023 in Kraft und soll finanzielle Erleichterungen für Mieter bewirken. Zunächst als Verfassungsbestimmung angedacht, wurde es – aufgrund fehlender Mehrheit im Gesetzgebungsverfahren – als „einfaches“ Gesetz erlassen.

 

Kategoriemieten

Bislang wurden die Beträge nicht zu bestimmten Zeitpunkten, sondern jeweils dann erhöht, wenn der Verbraucherpreisindex (VPI) gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt um mehr als 5% gestiegen ist. Das hat auf Grund der aktuellen Inflation zu mehrfachen Erhöhungen im Kalenderjahr geführt. 

Künftig dürfen Änderungen ausschließlich mit 1. April stattfinden. Im Jahr 2024 entfällt die Wertanpassung. In den Jahren 2025 und 2026 ist die Valorisierung mit 5% gedeckelt. 

 

Richtwertmieten

Bei den Richtwerten war bisher eine Valorisierung alle zwei Jahre am 1. April anhand der Veränderung des Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex des Vorjahres gegenüber dem Ausgangswert vorgesehen. 

Die Richtwerte werden künftig jährlich valorisiert. Die nächste Valorisierung findet am 01.04.2025 statt, wobei ausschließlich die Veränderung des VPI-Jahresdurchschnittswerts aus dem Jahr 2024 gegenüber dem Jahresdurchschnittswert aus dem Jahr 2023 maßgelblich ist. Für die Valorisierungen am 01.04.2025 und am 01.04.2026 wurde festgelegt, dass sich die Richtwerte um nicht mehr als 5% gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt erhöhen können.

 

Gemeinnützigen Wohnungen

Bei den gemeinnützigen Wohnungen ist die Erhöhung ebenfalls mit 5 % gedeckelt. 

 

Mieten ab dem Jahr 2027

Ab dem Jahr 2027 ist für die Valorisierung der betreffenden Mieten die Durchschnittsinflation der letzten drei Jahre maßgeblich. Der 5% übersteigende Teil der Durchschnittsinflation wird bei der Erhöhung der Beträge nur zur Hälfte berücksichtigt. 

Beispiel: Die Durchschnittsinflation beträgt 5,6%. Diese ist nicht zur Gänze für die Wertsicherung heranzuziehen. Der die 5% übersteigende Teil, also die 0,6%, werden nur zur Hälfte herangezogen, also nur 0,3%. Es ergäbe sich daher eine Erhöhung um 5,3% gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt. 

Freie Mietzinse, das sind Mietverträge, die nicht dem MRG unterliegen, sind von den Beschränkungen nicht erfasst.


8.1. Datenschutz: Keine „Bagatellgrenze“ bei immateriellem Schaden (EUGH 14.12.2023, C-456/22, Gemeinde Ummendorf)

Hintergrund und Sachverhalt

Die deutsche Gemeinde Ummendorf veröffentlichte auf Ihrer Homepage – ohne eingeholte Einwilligung – im Tagesordnungspunkt einer Gemeinderatssitzung mehrfach die Namen von 2 Personen. Zudem veröffentlichte die Gemeinde ein Urteil eines deutschen Verwaltungsgerichts, aus dem die Namen und die Anschrift der Kläger ersichtlich war. Die Daten waren insgesamt 4 Tage auf der Homepage der Gemeinde einsehbar. Die beiden Personen begehrten von der Gemeinde Ersatz des ihnen angeblich entstandenen immateriellen Schadens nach Art 82 Abs 1 DSGVO.

Das vorlegende Landgericht Ravensburg (Berufungsgericht) sah zunächst einen Verstoß gegen Art 5 Abs 1 lit a DSGVO. Dieser regelt, dass personenbezogene Daten (worunter etwa der Name fällt) auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden müssen. 

Das Landgericht Ravensburg war der Ansicht, dass der bloße Verlust der Datenhoheit nicht genüge, um einen immateriellen Schadenersatz zu rechtfertigen und eine „Bagatellgrenze“ überschritten sein müsse, was beim kurzfristen Verlust der Datenhoheit nicht der Fall sei. 

Vor diesem Hintergrund legte das Gericht dem EuGH die Frage vor, ob der Begriff des immateriellen Schadens iSd Art 82 Abs 1 DSGVO dahin auszulegen ist, 

  • ob die Annahme eines immateriellen Schadens einen spürbaren Nachteil und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung erfordert oder

  • ob bereits ein bloß kurzfristiger Verlust der Datenhoheit wegen Veröffentlichung im Internet für wenige Tagen genügt.

 

Entscheidung des EuGH

Laut EuGH verlangt Art 82 Abs 1 DSGVO nicht, dass ein Verstoß gegen eine Bestimmung der DSGVO eine „Bagatellgrenze“ überschreiten muss. Die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffene Person muss aber den Nachweis erbringen, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden – so geringfügig er auch sein mag - darstellen. Der bloße Verstoß reicht nicht aus, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen.


8.2. KIM-VO nicht verfassungswidrig (VfGH 13.12.2023, V 329/2023)

Hintergrund und Sachverhalt

Seit 01.08.2022 sieht die von der FMA erlassene sog. „KIM-VO“ (BGBl II 230/2022 – abrufbar unter: KIM-VO) strenge Vorschriften für die Aufnahme von privaten Wohnkrediten vor:

  • So sind mindestens 20% der Immobilienkosten durch Eigenkapital zu finanzieren, 

  • die Laufzeit des Kredites darf maximal 35 Jahr betragen und 

  • die monatliche Rückzahlungsrate darf 40% des Haushaltsnettoeinkommens nicht überschreiten. 

Diese Regelungen führten – zusammen mit einem Anstieg der Zinsen – zu massiven Einbrüchen bei der Vergabe von Immobilienkrediten. Banken können Ausnahmen von den Kriterien vorsehen, dafür steht aber nur ein beschränktes Kontingent zur Verfügung.

Ein Vorarlberger beabsichtigte, eine Eigentumswohnung zu kaufen. Die Finanzierung wurde von der Bank aber verweigert, da einzelne Vorgaben der KIM-VO nicht erfüllt waren. Daraufhin wandte er sich mit einem Individualantrag an den VfGH mit der Begründung, Teile der KIM-VO seien rechtswidrig. Inhaltlich machte er geltend, dass die Voraussetzungen für die Erlassung der KIM-VO nicht vorgelegen seien bzw in der Folge weggefallen seien.

 

Entscheidung des VfGH

Die angefochtenen Bestimmungen sind im gesetzlich nach § 23h Abs 1 und 2 BWG vorgesehen Verfahren erlassen worden. Die Voraussetzungen zum Erlass der KIM-VO seien zum damaligen Zeitpunkt vorgelegen und liegen auch (nach wie vor) vor.

Laut VfGH hat die FMA aber nach § 23h BWG zukünftig zu prüfen, ob und inwieweit die Aufrechterhaltung der KIM-VO notwendig oder ob gegebenenfalls eine Anpassung oder Aufhebung notwendig ist.